Gesundheitswesen 2010; 72 - V110
DOI: 10.1055/s-0030-1266286

Aufbau einer pharmako-epidemiologischen Datenbank im Bereich der besonderen Therapierichtungen – Ein aktueller Überblick

E Jeschke 1, M Tabali 1, J Kubasch 1, T Ostermann 2, H Mattthes 1
  • 1Forschungsinstitut Havelhöhe, Berlin
  • 2Universität Witten Herdecke, Witten

Einleitung: Einer wachsenden Nachfrage nach Arzneimitteln aus dem Bereich der besonderen Therapierichtungen (Phytotherapeutika, Homöopathika und Anthroposophika; CAM) steht eine unbefriedigende Datenlage zum Risikopotential dieser Arzneimittel gegenüber. Unser Vorhaben war es, eine pharmako-epidemiologische Datenbank aufzubauen, in der zunächst auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) im Verhältnis zu den Verordnungszahlen systematisch erfasst und bewertet werden. Methode: Beginnend mit dem Jahr 2003 wurde ein Netzwerk anthroposophisch orientierter Ärzte aufgebaut. In diesem werden UAWs sowohl für die verordneten konventionellen als auch für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen elektronisch erfasst. Eine Untergruppe von 7 Ärzten (Fokusgruppe) wurde darüber hinaus speziell geschult, auch alle nicht schwerwiegenden UAWs zu dokumentieren. Ärztliche Monitore des Studienzentrums beurteilen alle eingehenden UAWs nach Schweregrad (ICH Richtlinien) und Kausalität (UMC Kriterien). Zur Abschätzung der UAW-Häufigkeiten und Berechnung von Inzidenzen werden zusätzlich konsekutiv alle Verordnungen erfasst. Die Verordnungsdaten aller Rezepttypen werden über Schnittstellen automatisch in die Dokumentationssoftware übernommen und zur Qualitätskontrolle und weiteren Bearbeitung angezeigt. Ergebnisse: Im Netzwerk werden kontinuierlich Daten von 38 Ärzten (21 Hausärzte; 9 Kinderärzte; 4 Internisten; 4 andere Fachrichtung) erfasst. Im Zeitraum von 2004–2008 wurden insgesamt von 85.479 Patienten (54,8% unter 18 Jahre; 58,0% weiblich) 984.744 verordnete Arzneimittel dokumentiert (55,1% CAM). Insgesamt wurden 594 UAWs gemeldet. Davon waren 26 schwerwiegend. 21,0% der UAWs waren mit CAM assoziiert, keine davon war schwerwiegend. In der Fokusgruppe wurden zu 24.989 Patienten (61,1% unter 18 Jahre; 56,6% weiblich) 383.289 Verordnungen (54,4% CAM) und 498 UAWs (19,3% CAM; 85,1% unter 18 Jahre; 51,2% weiblich) dokumentiert. Dies entspricht in der Fokusgruppe einer UAW Inzidenz von 1,99%. Diskussion/Schlussfolgerung: Basierend auf den im Praxissystem dokumentierten Verordnungsdaten wurde begonnen, eine phamako-epidemiologische Datenbank im Bereich der Komplementärmedizin aufzubauen. Erweiterungsmöglichkeiten stellen die Hinzunahme weiterer Kohorten sowie die Einrichtung eines Patientenportals, mit der Möglichkeit der Erfassung von OTC-Präparaten dar.