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DOI: 10.1055/s-0030-1266306
Epidemiologie der übermittelten Listeria monocytogenes Infektionen in Deutschland, 2001–2009. Daten der intensivierten Surveillance
Hintergrund: Die Listeriose, verursacht durch Listeria monocytogenes, ist eine lebensmittelbedingte Infektionskrankheit. Bei schweren Verläufen manifestiert sie sich meist als Meningoenzephalitis, Septikämie oder als Frühgeburt und ist mit einer hohen Mortalität verbunden. Betroffen sind vor allem immunsupprimierte Patienten, ältere Menschen, schwangere Frauen und ihre ungeborenen sowie neugeborenen Kinder. Laut Infektionsschutzgesetz ist seit 2001 der labordiagnostische Nachweis von Listeria monocytogenes meldepflichtig, sofern er aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen klinischen Materialien erfolgt, sowie der Erregernachweis aus dem Gewebe von Neugeborenen. Zwischen April 2006 und März 2007 wurde eine intensivierte Surveillance der übermittelten Listeriose-Fälle durchgeführt. Material und Methoden: Die Meldedaten der an das Robert Koch-Institut übermittelten symptomatischen Listeriosen wurden ausgewertet. Die Analyse für die Jahre 2001–2009 umfasste die Alters- und Geschlechtsverteilung, klinische Symptomatik sowie Zeittrends. Für die intensivierte Surveillance wurden prädisponierende Faktoren, der Verzehr von Risiko-Lebensmitteln und Wissen zu Listeriose-Risiken ausgewertet. Ergebnisse: Zwischen 2001 und 2009 wurden 401 schwangerschaftsassoziierte und 2.689 nicht-schwangerschaftsassoziierte Listeriose-Fälle übermittelt (Minimum: 217 in 2001; Maximum: 513 in 2006; 2009: 394; Gesamt-Inzidenz 0,4/100.000 Einwohner). Die Inzidenz stieg mit dem Alter deutlich an, bei den über 60-Jährigen waren Männer häufiger betroffen. Die Mortalität unter den nicht-schwangerschaftsassoziierten Listeriosen betrug 11%. Schwangerschaftsassoziierte Listeriosen führten bei 43% zur Frühgeburt und bei 17% zur Fehlgeburt, Totgeburt oder dem postnatalen Tod des Neugeborenen. In 77% aller nicht-schwangerschaftsassoziierten Erkrankungsfälle lagen prädisponierende Krankheiten, wie Tumorerkrankungen, Behandlung durch Chemotherapie oder Bestrahlung, Diabetes mellitus, vor. Der Verzehr von Risiko-Lebensmitteln wurde von 78% aller Listeriose-Erkrankten bejaht. Nur 22% der schwangerschaftsassoziierten und 4% der nicht-schwangerschaftsassoziierten Listeriose-Patienten gaben an, von der Infektionsgefahr durch bestimmte Risiko-Lebensmittel gewusst zu haben. Schlussfolgerungen: In Deutschland hat die Listeriose-Inzidenz unter den über 60-Jährigen zugenommen. Allein aufgrund der steigenden Lebenserwartung ist von einem steigenden Anteil der vulnerablen Population auszugehen. Die Ergebnisse der intensivierten Surveillance (geringer Wissensstand, Verzehr von bekannten Risiko-Lebensmitteln) sollten verstärkt in die Aufklärung von Risiko-Patienten einfließen.