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DOI: 10.1055/s-0030-1266356
Die Tuberkulosesituation in der Autonomen Republik Tuva (Russische Föderation) und Empfehlungen zur Prävention
Die autochthone Bevölkerung Tuvas leitet sich von Turk-Nomadenstämmen ab und leidet unter einer sehr viel höheren Wahrscheinlichkeit, an Tuberkulose zu erkranken als die aus dem übrigen Russland nach Tuva eingewanderten Russen. Die Situation der Tuberkulosekontrolle in Tuva ist beispielhaft für die Probleme der Tuberkulosebehandlung in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Die Prävalenz- und Inzidenzdaten der Autonomen Republik Tuva wurden mit denen der gesamten Russischen Föderation sowie einiger ausgewählter Oblasts in Westsibirien verglichen. Bei Besuchen in Tuva konnten die Rohdaten zur Tuberkulose (Meldedaten, mikrobiologische Informationen sowie klinische Daten zu den Patienten) ausgewertet und mit den offiziellen Meldedaten verglichen werden. In einer prospektiven Studie (Fragebogen) wurden über drei Monate sämtliche neu auftretenden Tuberkulosefälle in Tuva erfasst. Die Prävalenz der Tuberkulose betrug 2004 in Tuva 834,7/100.000 Einwohner; im übrigen Russland durchschnittlich 160/100.000 (so auch in den westsibirischen Oblasts). Die Inzidenz der Tuberkulose lag in Tuva 2004 bei 224,3/100.000 Einwohner. Der hohe Quotient aus Prävalenz und Inzidenz legt eine lange Krankheitsdauer und ineffektive Therapiemaßnahmen der TB-Patienten in Tuva nahe. Im Beobachtungszeitraum der prospektiven Studie wurden 210 neue Tuberkulosepatienten erfasst. Eine Auswertung bezüglich der Risikofaktoren ergab eine Häufung der TB-Fälle bei den 25 bis 49-jährigen. Die Verteilung der klinischen Diagnosen entsprach derjenigen der jährlichen Meldungen. Es konnte eine signifikante Korrelation von exzessivem Alkoholismus bei tuvinischen TB-Patienten mit schweren Tuberkuloseformen festgestellt werden (OR: 2,27). Es wurden etwa gleich viele TB-Patienten durch active wie durch passive case finding detektiert. Darüber hinaus wurde eine umfassende Umgebungsuntersuchung der TB-Patienten sichergestellt. In 8 Fällen konnte eine Übertragung nachgewiesen werden. Die Lebensbedingungen leisten dem Ausbruch einer aktiven Tuberkuloseerkrankung Vorschub. Empfehlungen zu geeigneten Präventionsmaßnahmen auf der Grundlage der Ergebnisse der prospektiven Studie sowie der Auswertung der Meldedaten unterstützen neben der Bekämpfung der Risikofaktoren ein active case finding in einer high burden region wie Tuva, anders als von der WHO derzeit empfohlen.