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DOI: 10.1055/s-0030-1266370
Risikoprognoseinstrumente zur individualisierten Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen in Deutschland
Hintergrund: Zur individualisierten Prävention von Personen mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko werden verschiedene Risikoprognoseinstrumente (RPI: Gleichungen, Punktescores bzw. Tabellendiagramme) zur Selektion solcher Personen eingesetzt. Die Übertragbarkeit der RPI auf die in diesen Datenquellen nicht untersuchten Populationen sowie die Vergleichbarkeit verschiedener RPI ist unklar. Methoden: Eine Literaturrecherche wurde in den elektronischen Datenbanken MEDLINE, EMBASE etc. im April 2008 durchgeführt und durch eine ausführliche Handsuche vervollständigt. In die Bewertung wurden Publikationen über RPI für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie Publikationen mit Angaben zur externen Validierung bzw. zum Vergleich dieser RPI untereinander einbezogen. Als Kriterien der Validität wurden Kalibrierung und Diskrimination eingesetzt. Ergebnisse: Insgesamt wurden drei systematische Übersichten, 38 Publikationen mit Beschreibungen von RPI und 29 Veröffentlichungen mit Angaben zur Validität der RPI identifiziert. Komplett auf die deutsche Bezugspopulation stützt sich ausschließlich PROCAM-RPI, die meisten RPI basieren auf der amerikanischen Framingham-Kohorte. Es werden bei den RPI verschiedene Variablen und verschiedene kardiovaskuläre Ereignisse als Endparameter betrachtet. Die Zeitspanne für prognostizierte Ereignisse beträgt meistens zehn Jahre. Angaben zur Kalibrierung der RPI werden in den Studien selten präsentiert, dabei in keiner aus Deutschland. Nur in einzelnen Studien liegt die Kalibrierung im Bereich von 0,9 bis 1,1. Viele Studien zeigen einen Wert für die Diskrimination der RPI zwischen 0,7 und 0,8, wenige zwischen 0,8 und 0,9 und keine über 0,9 (Bestwert 1,0). In den Studien für die deutsche Population liegt dieser Wert fast ausschließlich zwischen 0,7 und 0,8. Es liegen bislang keine Studien zum Vergleich von verschiedenen RPI an der deutschen Population vor. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die bislang publizierten RPI für kardiovaskuläre Erkrankungen sind an der deutschen Population nicht ausreichend validiert. Ihre Anwendung kann zur Risikofehleinschätzung bei einzelnen Patienten führen. Diese RPI sind für die individualisierte Prävention nur mit kritischer Vorsicht anzuwenden.