Gesundheitswesen 2010; 72 - V272
DOI: 10.1055/s-0030-1266474

Masernsurveillance in den Jahren 2006 und 2007: Vergleich zweier Erfassungssysteme für Masernerkrankungen während und nach eines Ausbruchs in Nordrhein-Westfalen

A Mette 1, A Reuß 2, M Feig 2, L Kappelmayer 2, A Siedler 2, T Eckmanns 2, G Poggensee 2
  • 1Institut für den medizinischen Arbeits- und Umweltschutz der Bundeswehr, Berlin
  • 2Abteilung für Infektionsepidemiologie, Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Voraussetzung für die Elimination der Masern bis zum Jahr 2010, einem WHO-Gesundheitsziel, ist eine hohe Durchimpfungsrate und eine aktive Falluntersuchung. In Deutschland besteht gemäß Infektionsschutzgesetz eine Meldepflicht für Masernerkrankungen, es wird aber von einer Untererfassung durch das Meldesystem ausgegangen. Ziel der Studie war es, das Verhältnis zwischen den gemäß Infektionsschutzgesetz erhobenen Meldedaten und den bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechneten Maserndiagnosen während und nach eines Ausbruchs in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2006 und 2007 zu bestimmen. Methoden: Es wurden die Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Nordrhein-Westfalen mit Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Nordrhein und Westfalen-Lippe in den Jahren 2006 und 2007 verglichen. Die Studienpopulation besteht aus den gesetzlich krankenversicherten Personen in Nordrhein-Westfalen (n=15,4 Millionen; dies entspricht 85,5% der Einwohnerzahl). Die Inzidenzrate anhand der KV-Daten berechnet sich aus Maserndiagnosen pro 100.000 gesetzlich Krankenversicherte. Ergebnisse: In den Jahren 2006 und 2007 wurden durch Ärzte mit KV-Zulassung 2.534 Masernerkrankungen diagnostiziert. Von diesen waren 69% unter 5 Jahre alt und 15,5% entwickelten Komplikationen. Das Meldesystem erfasste im gleichen Zeitraum 2.014 Fälle. Während des Ausbruches im ersten Halbjahr 2006 wurden 1.713 Maserndiagnosen abgerechnet und 1.665 Masernfälle über das Meldesystem erfasst. In Zeiten mit sporadisch auftretenden Masern im zweiten Halbjahr 2006 und im Jahr 2007 wurden 821 Maserndiagnosen abgerechnet und 349 Masernfälle übermittelt. Im Vergleich zu übermittelten Masernfällen gemäß Infektionsschutzgesetz wurden Fälle in jüngeren Altersgruppen häufiger abgerechnet als in höheren Altersgruppen. Schlussfolgerungen: Der Anteil der gemäß Infektionsschutzgesetz gemeldeten Masernfälle war während des Ausbruchs größer als in Zeiten mit sporadisch auftretenden Masern, in denen die Untererfassung somit ausgeprägter war. Durch die Nichtmeldung von Fällen werden Fallermittlungen durch die Gesundheitsbehörden verhindert. Diese sind jedoch notwendig, um dem Ziel näher zu kommen, die Masern zu eliminieren.