Gesundheitswesen 2010; 72 - P84
DOI: 10.1055/s-0030-1266591

Arzneimittelgebrauch bei 65- bis 94-jährigen Augsburger Senioren. Ergebnisse aus der KORA-Age Studie

M Heier 1, A Döring 2, C Meisinger 2, B Thorand 2
  • 1Zentralklinikum Augsburg, KORA-Herzinfarktregister, Augsburg
  • 2Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg

Einleitung: Arzneimitteltherapie im Allgemeinen sowie deren Komplexität nimmt aufgrund der steigenden Morbidität mit dem Alter zu. Ziel unserer Auswertung war, den Gebrauch von Arzneimitteln in der älteren Augsburger Bevölkerung darzustellen und die am häufigsten eingenommenen Wirkstoffgruppen zu ermitteln. Methoden: KORA-Age ist eine im Rahmen des BMBF geförderten Verbundprojektes „Gesundheit im Alter“ in der Studienregion Augsburg durchgeführte Studie. Die Studienpopulation basierte auf Teilnehmern der bevölkerungsbasierten KORA-Kohorte, die zum 31.12.2008 noch lebten und mindestens 65 Jahre alt waren. Es erfolgte eine schriftliche Follow-up-Befragung sowie ein Telefoninterview. Bei dieser Befragung wurde die Medikation der letzten 7 Tage, der Verschreibungsstatus (verschrieben/nicht verschrieben) und Einnahmemodus (regelmäßig/nach Bedarf) erfasst. Die Arzneimitteldaten wurden nach der amtlichen deutschen ATC-Klassifikation (2009) kodiert. Polypharmazie wurde definiert als regelmäßige Applikation von 5 oder mehr verschriebenen Arzneimitteln. Ergebnisse: Von insgesamt 4127 Probanden (2015Männer, 2112 Frauen) im Altersbereich 65–94 Jahre lagen Daten aus schriftlicher Befragung und Telefoninterview vor. Die Response betrug 66,0% (Männer 68,9%, Frauen 63,5%). Die Anzahl regelmäßig eingenommener und verschriebener Präparate variierte zwischen 1 und 21. Zusätzlich gaben 7% der Teilnehmer die regelmäßige Einnahme von nicht verschriebenen Medikamenten und 23% eine Bedarfsmedikation an. Etwa 20% der Männer und 15% der Frauen gaben an im Befragunszeitraum kein verschriebenes Präparat regelmäßig eingenommen zu haben. Die Häufigkeit von Polypharmazie steigt mit dem Alter deutlich an: von knapp unter 20% bei den 65–69 jährigen auf fast 45% bei den über 85 jährigen. Insgesamt 45% der Teilnehmer nahmen Mittel mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System (Code:C09), 39% Beta-Adrenorezeptoren-Antagonisten (Code: C07), 36% Antithrombotische Mittel (Code:B01) und 30% Lipidsenker (Code:C10) ein. Schlussfolgerung: Arzneimitteltherapie und auch Polypharmazie spielen in der älteren Augsburger Allgemeinbevölkerung eine erhebliche Rolle. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die Quantität und Qualität der Arzneimitteltherapie besser zu charakterisieren sowie Personengruppen zu identifizieren, welche potentiell unter- oder überversorgt sind.