Gesundheitswesen 2010; 72 - P95
DOI: 10.1055/s-0030-1266602

Einflussfaktoren auf die Gewichtsreduktion bei adipösen Kindern und Jugendlichen

A Ernert 1, A Danneman 2, B Babitsch 3, S Wiegand 2
  • 1Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie der Charité, Berlin
  • 2Institut für Experimentelle Pädiatrische Endokrinologie der Charité, Berlin
  • 3Berlin School of Public Health, Berlin

Einleitung/Fragestellung: In der Adipositassprechstunde des Sozialpädiatrischen Zentrums der Charité – Kinderklinik werden adipöse Kinder und Jugendliche mit psychosozialer Problematik und hohem Migrantenanteil im ambulanten Setting multimodal betreut. Seit 1996 werden kontinuierlich prospektiv Daten erhoben, auf deren Basis Therapieverläufe beschrieben werden können. Im Rahmen der hier vorgestellten Ergebnisse wurde untersucht, welche Einflussfaktoren zum Erfolg bzw. Misserfolg bei der Reduzierung des BMI-SDS beitragen. Daten und Methoden: Analysiert wurden Daten von 952 adipösen Patienten zwischen 2 und 18 Jahren (514Mädchen/438 Jungen) aus den ersten 18 Monaten ihrer Behandlung. Der longitudinale Verlauf der BMI-SDS Veränderung wurde mit einem GEE-Modell (Verallgemeinerte Schätzgleichungen) analysiert. Als unabhängige Variable wurden Alter, Geschlecht, Pubertät und Gesundheitszustand bei Erstbesuch (BMI-SDS, Metabolisches Syndrom), Migrationshintergrund, Bildung der Eltern sowie versorgungsbezogene Größen (Dauer, Unterbrechung der Behandlung) berücksichtigt. Der Erfolg der Behandlung wurde anhand des letzten Untersuchungstermins bewertet: wobei eine Reduzierung des BMI-SDS um mindestens 0,2 Punkte (ΔBMI-SDS ≤ –0,2) als erfolgreich gilt. Der Vergleich von Einflussgrößen erfolgte mittels Chi-Quadrat oder Man-Whitney-U-Test. In einem logistischen Regressionsmodell wurden adjustierte Faktoren für eine erfolgreiche Behandlung ermittelt. Ergebnisse: Die Reduzierung des BMI-SDS wird durch zunehmendes Alter (β=0,01; p=0,015), den Eintritt der Pubertät (β=0,04; p=0,030) und Vorliegen eines Metabolischen Syndroms (β=0,05; p=0,015) erschwert. Bei extremer Adipositas (β=–0,04; p=0,049) und längerer Behandlungsdauer (β=–0,01; p<0,001) ist die relative Gewichtsabnahme (ΔBMI-SDS) größer. Erfolgreiche Patienten sind signifikant jünger (MW: 10,3 Jahre vs. MW: 11,6 Jahre) (p<0,001). Außerdem weisen sie eine signifikant (p=0,001) längere Behandlungsdauer auf (MW: 12,4 Mon. vs. MW: 11,1 Mon.). Im logistischen Regressionsmodell werden diese Ergebnisse bestätigt. Zusätzlich zeigt sich, dass Komorbiditäten (Metabolisches Syndrom) die Chancen für einen Behandlungserfolg erschweren (OR: 0,4/95% CI: 0,2–0,8). Schlussfolgerungen: Die Ermittlung von erfolgsfördernden Faktoren sind für den Therapieverlauf und vor allem für das Therapieergebnis entscheidet. Diese können bereits zu Beginn der Behandlung genutzt werden, um die Therapie und Betreuung auf die Patienten/-innen noch besser zuzuschneiden.