Gesundheitswesen 2010; 72 - P190
DOI: 10.1055/s-0030-1266697

Bestimmung von Impfquoten und Inzidenzen von Erkrankungen anhand von Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen

A Reuß 1, M Feig 1, L Kappelmayer 1, T Eckmanns 1, G Poggensee 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Im Rahmen des KV-Sentinels, einem gemeinsamen Projekt des Robert Koch-Instituts (RKI) und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), werden seit 2004 pseudonymisierte Abrechnungsdaten von den KVen an das RKI übermittelt. Wir möchten beschreiben, welche Daten bisher erhoben wurden und welche Analysen mit den KV-Daten durchgeführt werden können. Methoden: Daten zu allen Impfleistungen und zu den impfpräventablen Erkrankungen Keuchhusten, Masern, Mumps, Windpocken und Gürtelrose werden über die Impf-Abrechnungsziffern und die ICD-10 Kodes aus dem Datenbestand der KVen abgefragt und an das RKI übermittelt. Am RKI werden die Datensätze einer Qualitätsprüfung hinsichtlich der Datenspezifikation, -vollständigkeit und -plausibilität unterzogen. Studienpopulation ist die gesetzlich krankenversicherte Bevölkerung (85,5% der deutschen Bevölkerung). Ergebnisse: Für 2004 bis 2007 liegen insgesamt 95.905.605 Datensätze zu Impfleistungen und 4.570.919 Datensätze zu Diagnosen von den 17 KVen vor. Über 99% der Datensätze sind strukturell und inhaltlich fehlerfrei. In den untersuchten Jahren wurden vor allem Impfungen gegen Influenza (durchschnittlich 10.509.860; 46%) und Impfungen gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (durchschnittlich 2.845.358; 12%) abgerechnet. Die häufigsten abgerechneten akuten Erkrankungen waren die Gürtelrose (57%) gefolgt von Windpocken (35%) und Keuchhusten (6%). Die Abrechnungsdaten zu Impfungen erlauben die Bestimmung von alterspezifischen und regionalen Impfquoten. Dazu wird die Anzahl der geimpften Personen auf die Anzahl der gesetzlich Krankenversicherten bezogen. Mit den erhobenen Diagnosedaten zu Keuchhusten, Masern, Mumps, Windpocken und Gürtelrose können alterspezifische und regionale Inzidenzen (Anzahl der erkrankten Personen bezogen auf 100.000 gesetzlich Krankenversicherte) bestimmt werden. Schlussfolgerungen: Die Abrechnungsdaten zu Impfungen ermöglichen erstmals die Bestimmung von bundesweiten Impfquoten für alle Altersgruppen der gesetzlich krankenversicherten Bevölkerung. Diese können anhand vorliegender Daten aus Sentinel-Systemen bzw. aus anderen Forschungsprojekten validiert werden. Die vorliegenden Diagnosedaten der akuten, impfpräventablen Infektionskrankheiten müssen mit Vorsicht interpretiert werden, da es ohne externe Validierung schwierig ist abzuschätzen, ob eine Unter- oder eine Übererfassung vorliegt. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.