Gesundheitswesen 2010; 72 - P228
DOI: 10.1055/s-0030-1266735

Negativreport bei genetischen Assoziationsstudien

A Naumann 1, S Wagenpfeil 2, H Baurecht 2, C Söderhäll 3, A Rüther 4, T Illig 5, S Weidinger 6
  • 1Institut für medizinische Statistik und Epidemiologie, Technische Universität München, München
  • 2Institute for Medical Statistics und Epidemiology, Technische Universität München, München
  • 3Department of Biosciences and Nutrition and Clinical Research Centre, Karolinska Institutet, Stockholm
  • 4Institute of Clinical Molecular Biology, University Hospital Schleswig-Holstein, Kiel
  • 5Helmholtz Zentrum München, German Research Center for Environmental Health, München
  • 6Department of Dermatologie, Technische Universität München, München

Einleitung/Hintergrund: Ein möglicher Publikationsbias, zu geringe Fallzahl, die Problematik des multiplen statistischen Testens usw. sind nur einige Faktoren, die die Bewertung von Genotyp-Phänotyp-Assoziationen in der Praxis enorm erschweren können. Vor diesem Hintergrund kann es sein, dass von Assoziationen berichtet wird, die im Extremfall nicht repliziert und dann als sogenannte Negativreports veröffentlicht werden. Als Beispiel wird hier ein Negativreport zur Assoziation zwischen Ekzem und Polymorphismen des Gens COL29A1 vorgestellt. Atopisches Ekzem (Neurodermitis) ist eine der häufigsten Hautkranken, die sowohl durch genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse ausgelöst wird. Basierend auf vorangegangenen Untersuchungen wurden Assoziationen zwischen COL29A1 kodierenden Single Nucleotide Polymorphismen (SNPs) und Ekzem berichtet. Das Gen COL29A1 kodiert ein epidermisches Collagen, das vermutlich eine Rolle in der epidermischen Barrierefunktion spielt. Material und Methoden: Die berichteten Assoziationen mit Ekzem wurden in einer strengen Replikation in fünf großen, unabhängigen und gut phänotypisierten Kohorten mit einer Gesamtfallzahl von n=12593 überprüft. Auch verwandte Phänotypen und der Subtyp „atopisches“ Ekzem wurden in lockeren Replikationsstudien untersucht. In einer ergänzenden Familienkohorte wurde auf maternales imprinting getestet. Für jede Kohorte wurde eine Powerberechnung durchgeführt, um unter den vorliegenden Bedingungen die statistische Testschärfe zur Aufdeckung selbst kleiner Effekte zu quantifizieren. Für fest definierte Bereiche des Odds Ratios wurden außerdem Äquivalenztests durchgeführt. Ergebnisse: Wir konnten keinen Nachweis für die Beziehung zwischen COL29A1 SNPs oder Haplotypen, bestehend aus sliding windows von 5 bzw. 4 SNPs, und Ekzem oder einem der anderen untersuchten Phänotypen finden. Unsere Ergebnisse wurden durch die statistischen Äquivalenztests bestätigt. Eine zusätzliche COL29A1-Expressionsuntersuchung konnte ein unterschiedliches Verteilungsmuster zwischen Patienten mit Ekzem und gesunden Kontrollen nicht bestätigen. Diskussion/Schlussfolgerungen: Unsere Ergebnisse stützen nicht die Hypothese, dass COL29A1möglicherweise Risikovarianten für Ekzem oder die untersuchten Subphänotypen enthält. Dies unterstreicht zum einen die Wichtigkeit von sorgfältigen Replikationsstudien und zum andern die Notwendigkeit der Betrachtung aller Ergebnisse in einer Gesamtschau, um Genotyp-Phänotyp-Assoziationen zu bewerten.