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DOI: 10.1055/s-0030-1266749
Kommunikation in der Therapie von pädiatrischer Adipositas in einem interkulturellen Kontext
In 2006 waren 15% der deutschen Kinder und Jugendliche übergewichtig und 6,3% adipös. Jedoch finden sich deutlich höhere Raten bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und niedrigem Sozialstatus. Ziel der Studie war, die Kommunikationsprozesse in einem interkulturellen therapeutischen Kontext für pädiatrische Adipositas zu analysieren. Die Studie hatte ein multi-methods Design und wurde in 2009 in der Adipositassprechstunde der Charité – Kinderklinik durchgeführt. Neben einer teilnehmende Beobachtung (TB, N=33 Behandlungen) wurden die Mitarbeiter/-innen zu ihrer selbst wahrgenommenen kulturellen Kompetenz mit einem standardisierten Instrument befragt (N=16). Die Beobachtungsnotizen wurden basierend auf der qualitativen Inhaltsanalyse kategorisiert und ausgewertet. Die Analyse der Fragebögen erfolgte mittels deskriptiver Statistiken. Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Professionellen und den Angehörigen der betroffenen Kinder stellten das größte Problem in den Arzt-Patient-Gesprächen dar (TB). Obwohl die von den Professionellen am meisten angegebenen Probleme sich auf Sprach- und Verständnisschwierigkeiten bezogen, wurden die Dienste von professionellen Dolmetschern kaum in Anspruch genommen. Meist wurde auf eine Übersetzung durch Angehörigen der Patienten zurückgegriffen. Auch durch die Professionellen selbst nutzen Strategien, wie einfachere Wörter, Umformulierungen und graphische Kommunikationsmittel, um Kommunikationsproblemen zu begegnen. Zudem wird die Erweiterung der eigenen interkulturellen Kompetenz von allen Professionellen aktiv betrieben. Die Daten aus beiden Erhebungen lieferten übereinstimmende und sich z.T. ergänzende Informationen über die Versorgung von Patienten mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. Bestimmte Charakteristika der deutschen Sprache (z.B. explizite zusammengesetzte Wörter, Verwendung von Laien-Begriffen in medizinischen Kontexten) eröffnen Kommunikationsebenen mit Patienten mit Migrationshintergrund und deren Angehörigen. Dennoch, sind strukturelle Änderungen erforderlich, um Kommunikationsbarrieren zu vermindern, worauf Migranten/-innen bei der Inanspruchnahme gesundheitlicher Dienstleistungen in Deutschland stoßen. Eine Evaluation des Bedarfs an professionellen Dolmetschern in deutschen Gesundheitseinrichtungen steht noch aus.