Gesundheitswesen 2011; 73 - V12
DOI: 10.1055/s-0031-1274410

Ein Enterobacterausbruch auf einer neonatologischen Intensivstation

T Eckmanns 1, A Jansen 1, U Geipel 2, M Herrmann 2, L von Müller 2, W Jung 2, M Haber 3, S Thomé-Granz 4, J Hermes 1
  • 1Robert Koch-Institute, Berlin
  • 2Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg
  • 3Apotheke, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg
  • 4Gesundheitsamt des Saarpfalz-Kreises, Homburg

Einleitung:

Enterobacter (E.) cloacae hat zunehmende Bedeutung als Ursache nosokomialer Infektionen, besonders auf neonatologischen und auf pädiatrischen Intensivstationen (NICU). Im Juli 2009 verstarb ein Neugeborenes an einer Sepsis mit einem multiresistenten E. cloacae in der Kinderklinik des Universitätsklinikums des Saarlandes. Bei zwei weiteren Kindern konnte eine Bakteriaemie und bei nochmals 10 eine Kolonisierung durch den identischen Klon nachgewiesen werden (Pulsfeld Gelelektrophorese (PFGE) und „Random Amplification of Polymorphic DNA„ (RAPD)). Nach Einleitung intensivierter Hygienemaßnahmen durch die Universitätsklinik luden die Landesgesundheitsbehörden des Saarlandes im Oktober 2009 ein Ausbruchsuntersuchungsteam des Robert Koch-Instituts zur Unterstützung der Untersuchung ein.

Zur Identifikation von Risikofaktoren für eine E. cloacae -Besiedlung bzw. Infektion führten wir eine retrospektive, gepaarte Fall-Kontrollstudie im Universitätskrankenhaus des Saarlandes durch.

Methode:

Ein Fall wurde definiert als ein Kind, das von 1. Mai bis 5. Oktober 2009 stationär auf die Station KK-01 (pädiatrische Intensiv) oder KK-02 (Neonatologie) aufgenommen wurde und einen positiven mikrobiologischen Befund für den Ausbruchsklon von E. cloacae hat. Mögliche Kontrollen waren alle Patienten der NICU, die zum Zeitpunkt der Diagnose des gepaarten Falles >72 Stunden stationär und negativ für den Ausbruchsklon waren.

Auf der Basis von Patientenakten wurden mittels standardisierter Fragebögen folgende Daten erhoben: demographische Informationen, Liegezeit, gleichzeitiger Aufenthalt im Zimmer eines bereits positiv getesteten Kindes, Grunderkrankungen und erhaltene Medikation, Ernährung und Prozeduren (8 Tage vor Diagnose). Zur Risikofaktorermittlung berechneten wir matched Odds Ratios (mOR) mit bivariater und multivariabler konditionaler logistischer Regression. Es wurden umfangreiche Umgebungsuntersuchungen mittels Abstrichtupfer, Abklatschproben und Personalreihenuntersuchungen per Analscreening zum Nachweis von E. cloacae durchgeführt.

Ergebnisse:

Im Zeitraum 1. Mai bis 5. Oktober 2009 wurden 31 Fälle identifiziert (28 kolonisiert, 3 mit Sepsis). 29 Fall-Kontrollpaare wurden in die Studie eingeschlossen. Die multivariable Analyse ergab eine positive Assoziation zwischen E. cloacae Nachweis und dem Erhalt verschiedener oraler Medikamente, deren Zubereitung am Patientenbett erfolgte und die in Multidose-Packungen geliefert wurden (mOR=1,8/drug; p=0,006). Die mikrobiologische Untersuchung der Medikamente ergab keinen Erregernachweis. Ein anderer E. cloacae Klon wurde von einer Papp-Handschuhbox isoliert.

Diskussion:

Der Ausbruch durch den multiresistenten E. cloacae wurde wahrscheinlich durch kontaminierte Multidose-Medikamentenverpackungen verursacht, kontaminierte Hände führten vermutlich zu einer weiteren Übertragung. In Konsequenz wurde das Protokoll zum Umgang mit dieser Medikamentengruppe im Verlauf dieser Ausbruchsuntersuchung derart verändert, dass die oralen Medikamente in kleineren Einheiten verpackt sowie patientenbezogen und zeitlich begrenzt gelagert werden. In der Folge dieser Maßnahme traten keine neuen Fälle mehr auf.

Eine besondere Beachtung gründlicher Hygieneregeln ist bei der Verteilung oraler Medikation nötig.