Aktuelle Ernährungsmedizin 2011; 36 - P2_3
DOI: 10.1055/s-0031-1276763

Problematik der Mangelernährung in der operativen Medizin

J Hoffmann 1, KW Jauch 1, P Rittler 1
  • 1Chirurgische Klinik und Poliklinik Großhadern, Klinikum der Universität München

Einleitung: Analog zum international stattfindenden „Nutrition Day„ sollte klinikintern die Verteilung der Mangelernährung in den operativen Fachgebieten untersucht werden. Ein entsprechendes Screening wurde an einem Tag in der Klinik für Gynäkologie, Urologie und der Chirurgie, mit den Teilgebieten Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie und Thoraxchirurgie durchgeführt. Neben der Detektion von Mangelernährung war die quantitative Erfassung der erfolgten Kalorienzufuhr im Vergleich zum Energiebedarf sowie eine qualitative Beurteilung anhand eines 24h-recalls Zielsetzung dieser Untersuchung.

Methode: An jeweils einem definierten Tag wurden fünf chirurgische, zwei gynäkologische und drei urologische Stationen gescreent. Zur Erfassung eines Risikos für Mangelernährung wurde das Nutritional Risk Screening (NRS) 2002 nach Kondrup verwendet. Die Erhebung der oral verzehrten Lebensmittel und Getränke erfolgte mittels eines von den Patienten auszufüllenden Ernährungstagebuchs (24-hour dietary recall). Das Blankoformular wurde am Vortag an alle Patienten auf den betreffenden Stationen verteilt. Angaben über die Zufuhr von parenteraler und enteraler Ernährung wurden aus den Kurven übernommen.

Ergebnisse: Von 333 Patienten wurden 134 (40%) mittels NRS gescreent. Die Patienten wurden eingeteilt in die Gruppen NRS Score <3 und ≥3. Bei den gefäßchirurgischen Patienten hatten 44% einen Score ≥3, bei den thoraxchirurgischen 50%, bei den viszeralchirurgischen 66%. In der Urologie lag die Prävalenz von Mangelernährung bei 43%, in der Gynäkologie hatten 35% einen Score ≥3.

Die Rücklaufquote des 24h recalls Fragebogen betrug lediglich ca. 17%.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse sind kritisch zu hinterfragen, da nur 40% der Patienten gescreent wurden. Gründe hierfür waren u.a. OP, Untersuchungen, Abwesenheit, Sprachbarrieren und Desinteresse. Die Heterogenität prä- und postoperativer Patienten führt teilweise wahrscheinlich zu einer Überschätzung des Scores. Dennoch sind die Erfassung und Behandlung von Mangelernährung in den unterschiedlichen operativen Disziplinen nach wie vor unzureichend. Das Bewusstsein für die Prävalenz von Mangelernährung sowie deren Auswirkungen auf das medizinische Outcome des Patienten ist trotz eindeutiger Datenlage weder bei Personal noch bei Patienten genügend vorhanden.