Gesundheitswesen 2011; 73 - A313
DOI: 10.1055/s-0031-1283394

Individualisierte Prävention im Betrieb

P Angerer 1
  • 1Klinikum der Universität München, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, München

Erfolgversprechende Ziele für die individualisierte Prävention im Betrieb sind die psychische und die kardiovaskuläre Gesundheit, da es (1) für diese grundsätzlich evidenzbasierte primär- und sekundärpräventive Strategien gibt, (2) enge Zusammenhänge zwischen diesen gesundheitlichen Bereichen bestehen und (3) berufsbedingte Einflüsse die Gesundheitsförderung im betrieblichen Kontext nahe legen. Im Vortrag werden zwei Studien dazu vorgestellt. Arbeitsbedingter Stress lässt sich mit Stressmodellen von „Anforderung und Kontrolle„ (Karasek), „Gratifikationskrisen„ (Siegrist), Gerechtigkeit (Kivimäki) beschreiben. So definierter Stress ist prädiktiv für das Auftreten von schweren Erkrankungen (Herzinfarkt, Depressionen). Schützend können soziale Unterstützung oder Partizipationsmöglichkeiten wirken. Ziel arbeitsmedizinischer und -psychologischer Intervention ist, die Arbeitsverhältnisse zu verbessern (Arbeitsgestaltung, Verhältnisprävention) und/oder die Fähigkeit der Stressbewältigung der Beschäftigten zu stärken (Verhaltensprävention). Stressbewältigungstrainings zeigen gute Effekte, allerdings gibt es wenige präventive Interventionen im betrieblichen Setting und über längere Zeiträume. In der kontrollierten, randomisierten Interventionsstudie MAN-GO wurde über 2 Jahre ein nachhaltiger Effekt eines 2-tägigen Stresspräventionstrainings für Industriemeister auf die psychische und körperliche Stressreaktivität gezeigt mit günstigen Auswirkungen auf Depressivität und das kardiovaskuläre Risikoprofil. Der Krankheitswert der Adipositas setzt sich aus der funktionellen Einschränkung, der psychosozialen Beeinträchtigung und der höheren Komorbidität (Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie) im Vergleich zu Normalgewichtigen zusammen. Für große Industriebetriebe sind Zeiten von Arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes berufliches Verletzungsrisiko und frühzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben bedeutsam. In einer kontrollierten Studie wurden Auszubildenden mit einem BMI ≥25 in einem Automobilwerk verschiedene verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen angeboten (u.a. Ernährungsberatung, Sportprogramm, soziales Kompetenztraining zur Stärkung der psychischen Gesundheit). Im Vergleich zur Kontrollgruppe nahm der BMI in der Interventionsgruppe geringer zu, von der Größenordnung entsprechend dem, was in der betrieblichen Gesundheitsförderung Erwachsener zu erwarten ist. In semistrukturierten Interviews fiel die positive Resonanz der Teilnehmer auf das Programmangebot auf, die Interesse und Gestaltungsideen für zukünftige Programme äußerten. Abschließend wird aus der Perspektive der beiden Studien ein Fazit für Erfolgsfaktoren individueller Prävention im Betrieb gezogen.