Gesundheitswesen 2011; 73 - A358
DOI: 10.1055/s-0031-1283406

GerOSS- German Obstetric Surveillance System Projekt zur Optimierung der Versorgung komplizierter Schwangerschafts- und Geburtsverläufe

S Berlage 1, P Wenzlaff 1, N Lack 2
  • 1Ärztekammer Niedersachsen, Hannover
  • 2Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung, München

Einleitung/Hintergrund: Seltene Schwangerschaftserkrankungen und schwerwiegende Geburtskomplikationen stellen an die geburtshilfliche Versorgung hohe Anforderungen. Hinzu kommen veränderte Lebensbedingungen der Schwangeren in Deutschland (z.B. zunehmendes Alter der Schwangeren, Anstieg der Kaiserschnittentbindungen, Adipositas, veränderte soziale Strukturen, Migrationseinflüsse). Damit existieren veränderte biologische Voraussetzungen für Schwangerschaft und Geburt und vermehrt vorexistierende Begleiterkrankungen. Es gilt einerseits einen tieferen Einblick und mehr Wissen über Häufigkeit, Risikofaktoren und Prävention von geburtshilflichen Komplikationen zu erhalten. Andererseits ist eine Optimierung des Versorgungsmanagements und teilweise ein „Frühwarnsystem„ mit einem optimierten Überleitungsmanagement (ambulante Schwangerenvorsorge in die Geburtsklinik) das Ziel. Daten und Methoden: GerOSS startete 2010 in Niedersachsen, Bayern, Berlin mit neun Modulen und einer Laufzeit von 2–3 Jahren. Die seltenen Fälle werden webbasiert von den teilnehmenden Kliniken gemeldet und erfasst. Auch Negativmeldungen (d.h. es ist kein Fall aufgetreten) sind wichtiger Projektbestandteil. So liefert GerOSS größere Fallzahlen seltener Ereignisse, die statistisch basierte Aussagen ermöglichen z.B. zu Inzidenzen und sozioökonomischen Zusammenhängen (Migrationseinflüsse, Einfluss des sozialen Umfeldes, des Bildungsgrades auf Schwangerschaft und Geburt). Durch detaillierte Fallanalysen (u.a. root-cause-analysis, Prozessanalysen) von Experten (Geburtshelfer, Hebammen, Intensivmediziner, Pädiater, etc.) werden Behandlungsstrategien/-empfehlungen erarbeitet. Ergebnisse: In den drei Bundesländern kommen 245 Geburtskliniken zur Teilnahme am GerOSS-Projekt infrage. Diese Kliniken repräsentieren mit ˜180.000 Geburten/Jahr ˜30% aller Geburten in Deutschland. In Niedersachsen nehmen bereits 60 Kliniken am Projekt teil, mit ˜43.000 Geburten p.a. (˜ 75% von Niedersachsen). Bisher wurden 137 Fälle aus Niedersachsen gemeldet, für die eine statistische (sozioökonomische Einflüsse, Alter, Parität, BMI) und qualitative Analyse (Prozessanalyse) erfolgt. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Fälle werden zwar detailliert erfasst (hoher Erkenntnisgewinn), aber bei <5 Fälle pro Klinik ist der Dokumentationsaufwand gering. Die ≤ 3 Jahre ermöglichen zeitlich begrenzten (Schwerpunkt)Themen zeitnahen Erkenntnisgewinn (dialogischer Ansatz – Professionals/ambulant und stationär, Patienten). GerOSS ermöglicht neben einer verbesserten Versorgung der schwierigen Fälle auch eine dynamischere Qualitätsentwicklung als herkömmliche Qualitätssicherungsverfahren.