Gesundheitswesen 2011; 73 - A192
DOI: 10.1055/s-0031-1283408

Komm- und Zugehstruktur: Welche MigrantInnen lassen sich durch diese Zugänge zum Besuch von Informationsveranstaltungen zu Suchtprävention bewegen?

S Bisson 1, U Gerken 2, C Krauth 1, R Salman 3, W Machleidt 1, U Walter 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 2Universität Bremen, Bremen
  • 3Ethno-Medizinisches Zentrum e.V., Hannover

Einleitung/Hintergrund: Studien weisen darauf hin, dass der Anteil an MigrantInnen, die Suchthilfeeinrichtungen aufsuchen, deutlich geringer ist als bevölkerungsstatistisch zu erwarten wäre. Eine Ursache könnte sein, dass ihr Zugang zu Informationen schlechter ist. Die Nutzung angepasster Zugangswege könnte dem abhelfen. Beim sog. „Mediatoren-Ansatz„ werden geschulte MuttersprachlerInnen als Multiplikatoren in ihren ethnischen Gemeinschaften eingesetzt, um dort als PräventionsberaterInnen Informationsveranstaltungen zu bestimmten Themen anzubieten. Daten und Methoden: In einem durch das BMBF geförderten Projekt zur Analyse der Effektivität muttersprachlicher PräventionsberaterInnen wurden im Zeitraum November 2006 bis Juli 2007 61 russisch- bzw. türkischsprachige Informationsveranstaltungen durchgeführt. 49 dieser Veranstaltungen fanden in Settings der jeweiligen Kulturgemeinschaft (z.B. Moscheen, Vereine) statt und wurden über die Präventionsberater/-innen bekannt gemacht (Zugeh-Struktur), zwölf der Veranstaltungen wurden in öffentlichen Gebäuden durchgeführt und per Plakat/Flyer im Stadtgebiet Hannover angekündigt (Komm-Struktur). Die Teilnehmer/-innen wurden mittels eines zweisprachigen Selbstausfüller-Fragebogens u.a. zu ihrem Gesundheits- und Präventionsverhalten befragt. Für die Analysen liegen 386 türkische und 436 russische Fragebögen vor. Zusätzlich wurde eine per Zufallsverfahren ausgewählte repräsentative Stichprobe russisch- (n=300) bzw. türkischsprachiger (n=299) Einwohner Hannovers befragt. Ergebnisse: Die Zugehstruktur erwies sich als die erfolgreichere Strategie – über die Kommstruktur konnten insgesamt lediglich zwei Personen erreicht werden. Dabei wurde in beiden Migranten-Gruppen die Motivation zum Besuch der Veranstaltungen häufiger mit einem allgemeinen Interesse am Thema begründet und seltener mit der Absicht, einer suchtgefährdeten Person zu helfen. In der Präsentation werden die über die Zugehstruktur erreichten Migrant/-innen nach verschiedenen Kriterien (z.B. demographische Merkmale, Akkulturation, Informations- und Gesundheitsverhalten) charakterisiert und mit den Daten der repräsentativen Stichprobe verglichen. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Studie trägt zur systematischen Weiterentwicklung migrantenspezifischer Zugangswege bei und gibt Aufschluss, welche MigrantInnen über bestimmte Zugangswege (nicht) erreicht werden. Als ungeeignet für den Zugang zu Suchtpräventionsveranstaltungen erwiesen sich öffentlich angekündigte Veranstaltungen; die Netzwerke der PräventionsberaterInnen sowie Kontakte innerhalb der ethnischen Gemeinschaften scheinen für die Motivation zum Besuch solcher Veranstaltungen unabdinglich.