Gesundheitswesen 2011; 73 - A55
DOI: 10.1055/s-0031-1283430

Lassen sich Eltern für Bewegungsförderung im Kindergarten aktivieren? Ergebnisse der Evaluation eines partizipativen Elternbausteins

F De Bock 1, H Renz-Polster 2
  • 1Mannheimer Institut für Public Health und Kinderklinik Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim
  • 2Mannheimer Institut für Public Health, Universität Heidelberg, Mannheim

Vor dem Hintergrund eines weltweiten Trends zu mehr Übergewicht und weniger Bewegung im Kindesalter scheinen nachhaltige Interventionen mit gelungenem Elterneinbezug ausschlaggebend. Unsere Studie klärt die Effektivität eines partizipativen Elternbausteins zur Bewegungsförderung in Kindergärten. Daten und Methoden: 37 baden-württembergische Kindergärten, die an Turnstunden des Programms „Komm mit in das gesunde Boot“ teilnahmen, wurden für unsere cluster-randomisierte Studie per Zufall zwei Studienarmen zugeteilt. Kinder (4–6 Jahre) im Interventionsarm bekamen zweimal wöchentliche Turnstunden über sechs Monate und zusätzlich einen partizipativen Elternbaustein („ENE MENE FIT – Eltern machen mit!„), Kinder im Kontrollarm bekamen nur Turnstunden. Im partizipativen Elternbaustein entwickelten Eltern und Erzieher/-innen im Rahmen von moderierten Workshops an die lokalen Bedürfnisse angepasste Projektideen zur kindlichen Bewegungsförderung im Alltag. Kindergärten im ENE MENE FIT-Arm bekamen die Intervention 6 Monate später und dienten in den ersten 6 Monaten als Kontrollgruppe. Um saisonale Unterschiede hinsichtlich Bewegung auszubalancieren begann eine Hälfte der Kindergärten im Herbst 2008, die andere im Frühjahr 2009 mit der Intervention. Primäre (objektive Bewegungsmessung über Accelerometrie und Herzfrequenz) sowie sekundäre Zielparameter (Anthropometrie, Elternfragebogen) wurden durch Messungen vor (0 Monate), zum Ende (6 Monate) und sechs Monate nach Ende der Intervention (12 Monate) erhoben und über Multilevel-Regressionen analysiert. Ergebnisse: Kinder in beiden Armen hatten zu sechs und zwölf Monaten signifikant weniger Körperfett, sahen laut Elternangaben weniger fern und waren aktiver als vorher. Die objektiven Bewegungsmessungen zeigten jedoch im Kontrollarm keinen Unterschied. In den 15 Kindergärten im ENE MENE FIT-Arm wurden 18 Bewegungsprojekte erfolgreich umgesetzt. Bei diesen Kindern (n=370) konnten zusätzliche Effekte zum Zeitpunkt 12 Monate gezeigt werden: In einer per-protocol Analyse verbrachten sie objektiv gemessen signifikant weniger Zeit in Inaktivität und mehr Zeit in hoher Aktivität und waren nach Elternangaben häufiger draußen als Kinder im Kontrollarm (n=371, nur Turnstunden). Diskussion: Die partizipative Einbindung von Eltern in die kindliche Bewegungsförderung führt zu zusätzlichen und nachhaltigen Veränderungen im objektiven Bewegungsverhalten von Kindergartenkindern.