Gesundheitswesen 2011; 73 - A126
DOI: 10.1055/s-0031-1283452

Engagierte Gesundheitsförderung mit sozial benachteiligten Frauen im Stadtteil – Ein Bericht aus der Praxis

J Flerlage 1
  • 1Frauengesundheit in Tenever (FGT), Bremen

Einleitung/Hintergrund: Seit über 20 Jahren bietet Frauengesundheit in Tenever (FGT) Gesundheitsförderung mit sozial benachteiligten Frauen im Stadtteil Tenever. Hier leben mehr als 60% zugewanderte Menschen mit 80 verschiedenen Nationalitäten und einer hohen Kinderzahl. Etwa jedes dritte Kind lebt von Sozialleistungen. Mit den Handlungsfeldern „Befähigen und ermöglichen„, „vermitteln und vernetzen„, „Interessen vertreten„ und „gesundheitsfördernde Lebenswelten schaffen„ setzt FGT die Grundideen der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung von 1986 in die Praxis um. Wir haben ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis nach dem Salutogenese-Ansatz von Antonovsky mit einem feministischen, kultursensiblen Blick und sehen die Frauen als Expertinnen für ihre eigene Gesundheit und die ihrer Familie. FGT ist seit 2007 als „good practice Modell„ anerkannt und wurde 2008 mit dem BKK-Preis für vorbildliche Gesundheitsförderung mit den Kriterien Empowerment, Partizipation, Innovation und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Im Beitrag geht es um die Frage: Wie gelingt die Umsetzung theoretischer Prinzipien und guter Ideen in die Praxis? Daten und Methoden: Aus den Erfahrungen der Einrichtung gelingt dies nur über eine kontinuierliche Beziehungsarbeit, respektvolles Umgehen miteinander und Kommunikation auf Augenhöhe. Die Qualitätssicherung der Einrichtung stützt sich wesentlich auf eine partizipative Evaluation. Die Nutzerinnen werden kontinuierlich in die Qualitäts- und Konzeptentwicklung einbezogen. Ergebnisse: Über ein breit gefächertes Programm, das die Nutzerinnen selbst gestalten, wird der Kontakt ermöglicht. So gibt es Bewegungsangebote, Ernährungs- und Kochkurse, Frauenschwimmtage, Radfahrkurse, Integrationskurse, offene Treffen, eine türkische Mädchengruppe usw. FGT bietet ein niedrigschwelliges Angebot, das ressourcenorientiert und an den Bedürfnissen der Nutzerinnen ausgerichtet ist. Beispiel: Im Alphabetisierungskurs fiel der Deutschlehrerin auf, dass drei Viertel der Kursteilnehmerinnen das Bonusheft für die Zahngesundheitsvorsorge nicht kannten. Daraufhin haben wir dieses Thema bearbeitet und eine Expertin des Gesundheitsamtes in den Unterricht eingeladen. Diskussion/Schlussfolgerungen: Unsere Erfahrungen zeigen, dass Gesundheitsförderung mit sozial benachteiligten Frauen mit unserem speziellen Setting-Ansatz erfolgreich durchgeführt werden kann.

Literatur:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.) 2007: Gesundheitsförderung konkret – Kriterien guter Praxis in der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten. Bd.5, S. 106–118 Flerlage, Jutta: Frauen in einem sozial benachteiligten Stadtteil. in: Impulse – Newsletter zur Gesundheitsförderung. Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V., 3. Quartal, Sept. 2009 Ivonne Flerlage, Maike Weerts, 2001: Frauengesundheit im Brennpunkt. Eine Bestandsaufnahme und Evaluation der zehnjähigen Arbeit des Frauengesundheitstreffs Tenever. Gesundheitsamt Bremen, Zentrum für Public Health der Universität Bremen, FGT