Gesundheitswesen 2011; 73 - A271
DOI: 10.1055/s-0031-1283502

Zugangsschwellen senken – Sexarbeiterinnen auf dem Weg ins Gesundheitsamt

F Jung 1, S Paul 1
  • 1Gesundheitsamt Bremen, Bremen

Einleitung/Hintergrund: Sexarbeiterinnen – besonders junge ausländische Frauen mit geringen Deutschkenntnissen – sind hohen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Gerade sie haben geringe Ressourcen, sich selbstständig innerhalb des Regelsystems gesundheitlicher Versorgung zu orientieren. Die AIDS/STD Beratung des Gesundheitsamtes Bremen bietet Sexarbeiterinnen eine freiwillige, anonyme und kostenlose gesundheitliche Versorgung. Da ein großer Teil von ihnen über Bremen verstreut in so genannten „Modellwohnungen„ arbeitet und die Frauen dort häufig wechseln, ist aufsuchende Sozialarbeit, so genanntes Streetwork, zusammen mit geeigneten Dolmetscherinnen ein wichtiger Zugang. Information und Aufklärung kann vor Ort geleistet und der Weg in die Beratungsstelle geebnet werden. Ziel/Fragestellung: Um zu klären, welche Sexarbeiterinnen die Beratungsstelle nutzen, und welchen Stellenwert „Streetwork„ im Zugang zur Beratungsstelle hat, sollten die Nutzerinnen der Beratungsstelle befragt werden. Daten und Methoden: Die Mitarbeiterinnen entwarfen eine standardisierte „Blitzumfrage„ zu demographischen Daten, zu Informationsquellen über die Beratungsstelle und zu Deutschkenntnissen. Angepasst an die Arbeitsabläufe in der Beratungsstelle befragten sie im Aufnahmegespräch – teilweise gemeinsam mit Dolmetscherinnen – alle Nutzerinnen über den Zeitraum eines halben Jahres. Ergebnisse: 180 Sexarbeiterinnen nahmen teil. Fast vier Fünftel von ihnen sind im Ausland geboren. Nur ein Drittel der im Ausland Geborenen kann sich in deutscher Sprache ausreichend verständigen. Ein Drittel der Frauen wird durch Streetwork erreicht, fast drei Viertel kommen über Mund-zu-Mund-Propaganda in die Beratungsstelle. Bei den Informationsquellen bestehen Überschneidungen. Migrantinnen, vor allem aus den Osteuropäischen Ländern, die zwei Drittel der Nutzerinnen ausmachen, fühlen sich von Streetwork häufiger angesprochen als deutsche Frauen (40% gegenüber 18%). Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Befragung bestätigt, dass Streetwork vulnerable Gruppen gut erreicht. Streetwork ist ein erfolgreiches Medium, um die Zielgruppe aufzuklären und zu informieren. Dies ist eine Grundlage, um Sexarbeiterinnen gesundes und sicheres Arbeiten zu ermöglichen. Die Beteiligung von Dolmetscherinnen ist für den Erfolg eine wichtige Voraussetzung. Keywords: Sexarbeit, Streetwork, Migrantinnen, Prävention, gesundheitliche Versorgung

Literatur:

M.T. Wright (Hg.) (2005). Prostitution, Prävention und Gesundheitsförderung. Teil 2: Frauen. Deutsche AIDS-Hilfe. Berlin.