Gesundheitswesen 2011; 73 - A77
DOI: 10.1055/s-0031-1283523

Bildungsressourcen, Übergewicht und Adipositas im Jugendalter: Ergebnisse der KiGGS-Studie

B Kuntz 1, T Lampert 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Einleitung: Anhand des elterlichen Bildungsniveaus und des eigenen Bildungsstatus von Jugendlichen wird untersucht, inwieweit die Ausstattung mit (formalen) Bildungsressourcen das Auftreten von Übergewicht und Adipositas im Jugendalter beeinflusst. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Bedeutung der intergenerationalen Bildungsmobilität. Daten und Methoden: Die Datengrundlage bildet eine Substichprobe des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) (n=5,755, Alter=12–17 Jahre). Angaben zu Körpergröße und -gewicht der Studienteilnehmer basieren auf Messdaten, anhand derer der Body-Mass-Index (BMI) berechnet wurde. Die Definition von Übergewicht und Adipositas wird anhand der Referenzwerte von Kromeyer-Hauschild et al. vorgenommen. Auf der Basis einer Dichotomisierung des elterlichen Bildungsstatus und des eigenen Bildungsstatus der Jugendlichen werden vier Bildungsmobilitätsgruppen unterschieden:

  • Jugendliche mit konstant hohem Bildungsstatus (mind. ein Elternteil Abitur, selbst Schüler eines Gymnasiums),

  • potenzielle Bildungsaufsteiger (beide Eltern höchstens Realschulabschluss, selbst Schüler eines Gymnasiums),

  • potenzielle Bildungsabsteiger (mind. ein Elternteil Abitur, selbst Schüler einer anderen Schulform als Gymnasium)

  • Jugendliche mit konstant niedrigem Bildungsstatus (beide Eltern höchstens Realschulabschluss, selbst Schüler einer anderen Schulform als Gymnasium).

Ergebnisse: Jugendliche mit den wenigsten Bildungsressourcen sind am häufigsten von Übergewicht und Adipositas betroffen, die niedrigsten Prävalenzen finden sich in der Gruppe der Jugendlichen mit den meisten Bildungsressourcen. Bei Mädchen zeigt sich ein deutlich stärker ausgeprägter Bildungsgradient. Wird das Vorliegen einer Adipositas separat betrachtet, so weisen potenzielle Bildungsaufsteigerinnen kein signifikant erhöhtes Risiko auf, während hingegen potenzielle Bildungsabsteigerinnen und Mädchen mit konstant niedrigem Bildungsstatus mehr als doppelt bzw. mehr als dreimal so häufig von Adipositas betroffen sind. Schlussfolgerungen: Der Bildungsstatus des Elternhauses und der eigene Bildungsstatus der Jugendlichen wirken sich kumulativ auf das Risiko für Übergewicht und Adipositas aus. Aus Sicht der Prävention ist insbesondere der Befund relevant, dass Jungen und Mädchen weniger gebildeter Eltern, die den Sprung auf ein Gymnasium geschafft haben, nicht signifikant häufiger adipös sind als ihre Mitschüler aus besser gebildeten Familien.