Gesundheitswesen 2011; 73 - A96
DOI: 10.1055/s-0031-1283538

Psychosoziale Arbeitsbelastungen und die Gesundheit älterer Beschäftigter: eine international vergleichende Analyse in 17 Ländern

T Lunau 1, M Wahrendorf 2, J Siegrist 2, N Dragano 1
  • 1Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Essen
  • 2Institut für Medizinische Soziologie, Düsseldorf

Durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft und die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist es von Interesse, die gesundheitlichen Bedingungen älterer Arbeitsnehmer genauer zu betrachten. Ziel der Analyse ist es, Zusammenhänge zwischen psychosozialen Arbeitsbelastungen und der Gesundheit älterer Erwerbstätiger in 17 Ländern vergleichend zu untersuchen. Dabei ist von besonderer Bedeutung, ob arbeits- bzw. sozialpolitische Rahmenbedingungen einen Einfluss auf die Ausprägung von bestimmten gesundheitsbelastenden Arbeitsbedingungen haben. Daten und Methoden: Die Basis der Analyse sind Individualdaten aus vier großen Studien (SHARE, HRS, ELSA, KLoSA – Querschnittsdaten) mit insgesamt 15021 Beschäftigten zwischen 50 und 64 Jahren in 17 Ländern (15 europäische Länder, USA und Südkorea). Psychosoziale Arbeitsbelastung wurde in allen Studien mit geringer Kontrolle über die Arbeitsaufgabe und dem Verausgabungs-Belohnungsungleichgewicht gemessen. Als gesundheitliche Indikatoren wurden depressive Symptome, subjektive Gesundheit und funktionale Einschränkungen verwendet. Zur Messung spezifischer arbeits- und sozialpolitischer Merkmale der untersuchten Länder wurden verschiedene Makroindikatoren herangezogen (z.B. Teilnahme älterer Beschäftigter an Weiterbildungsmaßnahmen). Für die Analyse wurden logistische Regressionsanalysen, ökologische Korrelationen und lineare Mehrebenenmodelle durchgeführt. Ergebnisse: Die Analysen zeigen, dass die betrachteten Arbeitsbelastungen einen negativen Einfluss auf die Gesundheit älterer Erwerbstätiger haben. Die ökologischen Korrelationen weisen auf einen Einfluss arbeits- und sozialpolitischer Merkmale auf die Verteilung dieser Arbeitsbelastungen hin. In den Mehrebenenanalysen konnte gezeigt werden, dass die Variation der Arbeitsqualität zwischen den Ländern zu einem großen Teil durch bestimmte Makroindikatoren erklärt werden kann. So reduziert z.B. der Indikator Weiterbildungsmaßnahmen bei Älteren die Variation von Arbeitsbelastungen zwischen den Ländern um mehr als 50%. Diskussion/Schlussfolgerungen: Geringe Kontrolle und ein Ungleichgewicht zwischen Verausgabung und Belohnung scheinen eine Belastung für die Gesundheit älterer Erwerbstätiger in einer Vielzahl von Ländern zu sein. Die Variation dieser psychosozialen Arbeitsbelastungen zwischen den untersuchten Ländern wird zu einem großen Teil durch verschiedene Makroindikatoren erklärt, was darauf schließen lässt, dass gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen durch politische Maßnahmen beeinflussbar sind.