Gesundheitswesen 2011; 73 - A44
DOI: 10.1055/s-0031-1283560

Pflegeverläufe – ambulant vor stationär

R Müller 1
  • 1Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), Universität Bremen, Bremen

Einleitung: Prävention von Pflegebedürftigkeit heißt, Pflegebedürftigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen oder sie zu verzögern, oder die stationäre Pflege so lang wie möglich zu vermeiden. Weitgehend unbekannt sind aber überhaupt die Pflegeverläufe. Wie viele Personen beginnen in welchen Pflegearrangements und wie sehen die weiteren Verläufe durch die Pflegeinstitutionen aus? Methoden: Auf Basis der Routinedaten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) (jetzt BARMER GEK) werden die Sequenzen der Pflegearrangements im Längsschnitt untersucht. Berücksichtigt werden die Pflegeverläufe, die in den Jahren 2001–2002 beginnen (Rothgang et al. 2010). Ergebnisse: 17% der Pflegeverläufe beginnen in vollstationärer Pflege. 31% beginnen unter Beteiligung von Pflegediensten. 52% durch Angehörigenpflege. Die Pflegeverläufe werden über 3 Jahre beobachtet. 16% der Pflegeverläufe beginnen stationär und bleiben 3 Jahre lang stabil oder werden vorzeitig durch den Tod beendet. Insgesamt beträgt der Anteil stabiler Verläufe 62%. Eine stete Professionalisierung der Pflege geschieht zu 22%. Die restlichen Sequenzen zeichnen sich überwiegend durch Wechsel in den häuslichen Pflegearrangements aus. Vier Muster zeigen sich: 1. Stabile Verläufe (bis zum Tod); 2. Professionalisierungsverläufe (bis zum Tod); 3. Wiederholte Wechsel der Pflegearrangements in häuslicher Pflege ohne anschließende vollstationäre Pflege; 4. Wiederholte Wechsel der Pflegearrangements in häuslicher Pflege mit anschließender vollstationärer Pflege. Sonstige Sequenzmuster sind eher selten. Bezüglich der Aussage „ambulant vor stationär„ kann festgestellt werden, dass ein Großteil der Pflegeverläufe keine ambulante Phasen vor der stationären Versorgung hat, sondern sofort mit der vollstationären Pflege beginnt. Der größte Teil der ambulant beginnenden Pflege bleibt auch weiterhin im häuslichen Pflegearrangement. Schlussfolgerungen: Wenn die Verhinderung oder Verzögerung der stationären Pflege das Ziel von Prävention sein soll, dann muss nicht nur geschaut werden, wie häuslich pflegenden Angehörigen, die schon Pflegeleistungen beziehen, geholfen werden kann. Es muss vielmehr schon ein Blick darauf geworfen werden, die Bevölkerung für bevorstehende Pflegebedürftigkeiten zu sensibilisieren. So könnte im einen oder anderen Fall dafür gesorgt werden, dass plötzlich auftretenden Pflegebedürftigkeit nicht gleich zur stabilen Pflegeheimkarriere wird.

Literatur:

Rothgang, Heinz; Iwansky, Stephanie; Müller, Rolf; Sauer, Sebastian; Unger, Rainer (2010): BARMER GEK Pflegereport 2010. Schwerpunktthema: Demenz und Pflege. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 5. St. Augustin: Asgard.