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DOI: 10.1055/s-0031-1283564
Selbstmanagementförderung bei chronischer Krankheit durch die ambulante Pflege – Illusion oder Vision?
Hintergrund: Chronische Erkrankungen sind mit vielfältigen, in ihrem Verlauf oft komplexer werdenden Herausforderungen verbunden, für deren Bewältigung es ressourcenorientierter Unterstützungskonzepte und einer Kompetenzerweiterung der professionellen Akteure – so auch der Pflege – bedarf. In dem Projekt* wurde am Beispiel komplexer Medikamentenregime die Frage der Möglichkeiten zur Nutzbarmachung von Konzepten zur Selbstmanagementförderung für ältere Menschen durch die ambulante Pflege nachgegangen Daten und Methoden: Das gestufte Interventionskonzept umfasste ein Qualifikationstraining für die ambulante Pflege und einen Praxisleitfaden zur Unterstützung der Umsetzung eines Konzepts zur Selbstmanagementförderung komplexer Medikamentenregime. Für die Wirksamkeitsprüfung wurde eine Kontrollstudie mit zwei Messzeitpunkten durchgeführt. Hauptzielvariablen waren die Kompetenzerweiterung der Pflegekräfte und die Stärkung der Adhärenz und des Selbstmanagements der Patienten. Die Datenerhebung erfolgte mittels strukturierter Patienteninterviews und schriftlicher Befragungen der Pflegekräfte. Von den im Frühjahr 2008 in die Kontrollstudie einbezogenen 89 Patienten und 56 Pflegekräften aus 29 ambulanten Diensten (t1) beteiligten sich 28 Pflegekräfte und 51 Patienten an der Folgebefragung im Herbst 2009 (t2), die jeweils hälftig der Intervention- und Kontrollstudie zugeordnet waren. Ergebnisse: Unter den Pflegekräften der Interventionsgruppe konnte – auch im Vergleich zur Kontrollgruppe – eine deutliche Erweiterung für die Wahrnehmung von Aufgaben der Selbstmanagementförderung zentraler Kompetenzen erzielt werden. Bei den Patienten zeigte sich kein eindeutiger Effekt auf die Ausprägung des Adhärenzverhaltens. Die Patienten der Interventionsgruppe schätzten jedoch ihr Vermögen zum Selbstmanagement der Arzneimitteltherapie post interventionem deutlich höher ein. Zwar zeichneten sich hier auch in der Kontrollgruppe Veränderungseffekte ab, für die Wirksamkeit des Interventionskonzepts spricht jedoch, dass die Patienten der Interventionsgruppe gezielter professionelle Hilfe zur Lösung arzneimittelbezogener Probleme suchten und die Pflege von ihnen deutlich häufiger als Unterstützungsinstanz wahrgenommen wurde. Schlussfolgerungen: In der Summe stützen die Ergebnisse die Annahme, dass – eine entsprechende Qualifizierung vorausgesetzt – in der ambulanten Pflege angelegte Potenziale für eine Stärkung der Problemlösungsfähigkeiten älterer Menschen mit komplexen Gesundheitsproblemen erschlossen werden können.
*) BMBF-Pflegeforschungsverbund NRW, Teilprojekt B2 (Förderkennziffer: 01GT0615), Ethikkommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, AZ: 2007–241-f-S.