Gesundheitswesen 2011; 73 - A322
DOI: 10.1055/s-0031-1283578

Der Blick auf das Alter: Wandel durch professionelle Tätigkeit in der Prävention?

C Patzelt 1, B Deitermann 1, S Heim 2, G Schmiemann 2, C Krauth 1, G Theile 2, U Walter 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover

Hintergrund: In einer explorativen Evaluationsstudie werden Zugangswege und eine zielgruppenspezifische Ansprache für den präventiven Hausbesuch untersucht. Nach einer einjährigen Feldphase mit mehreren Beratungskontakten mit über 65-Jährigen wurden die in der Studie tätigen Präventionsfachkräfte interviewt. Ausgangsthesen waren: Berufliche Erfahrungen im Umgang mit Älteren und das eigene Älterwerden von Professionellen führen zu einem Wandel der Vorstellungen vom Alter. Die Vorstellungen werden facettenreicher und differenzierter – einseitige Altersbilder werden relativiert [1]. Methode: Es wurden leitfadengestützte Interviews mit acht Präventionsberaterinnen und vier übergeordneten Geschäftsbereichsleiterinnen einer gesetzlichen Krankenkasse geführt. Der Interviewleitfaden enthielt Fragen zur subjektiven Bedeutung des Alters, zur Gesundheit im Alter, zur Rolle des Alters im Privatleben sowie Erfahrungen und Wandel der Vorstellungen von Alter im Berufsleben. Die Basisqualifikationen der Interviewpartnerinnen (Alter: 45–58 Jahre) waren vielfältig: Kinderkrankenpflege (5), Ökotrophologie (4), (Sozial-)Pädagogik (2), Sozialwissenschaften (1). Sie waren durchschnittlich 21 Jahre (11–31 Jahre) in der GKV tätig, davon 1,5 oder 6 Jahre erstmalig im Themenfeld Prävention im Alter. Die Interviews dauerten 31- bis 98-Minuten; sie wurden transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Ergebnisse: Alter wird häufig mit Erfahrungen des eigenen Älterwerdens beschrieben (n=7), d.h. auch mehr Verständnis für die Bedürfnisse der Älteren zu haben. Der Umgang mit Älteren veranlasst drei Befragte, nicht über das eigene Altern nachzudenken (im Hier und Jetzt leben), die Hälfte der Befragten hat privat wenig Kontakt mit Älteren und nutzt bewusst generationsübergreifende Angebote. Positive Erlebnisse mit Hochaltrigen haben Vorbildcharakter für das eigene gesunde Altern. Alter kalendarisch zu definieren wird von allen abgelehnt – alt ist jemand, der unflexibel ist, sich nicht interessiert. Der direkte Kontakt mit Älteren hat den Blick auf das Alter erweitert, anfangs bestehende positive wie negative Altersbilder konnten relativiert werden. Allein die Projektbetreuung führte zu keinem Wandel. Die Basisqualifikation und die Dauer der Projekttätigkeit hatten ebenfalls keinen Einfluss. Schlussfolgerung: Zu prüfen ist, inwieweit sich ein differenziertes Altersbild tatsächlich auf das präventive Handeln auswirkt.

Literatur:

[1] Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland (2010): Altersbilder in der Gesellschaft. Deutscher Bundestag, Drucksache 17/3810