Gesundheitswesen 2011; 73 - A312
DOI: 10.1055/s-0031-1283592

Integrierte Bildungssysteme: Gute Bildungserfolge – schlechte Gesundheit?

K Rathmann 1, K Hurrelmann 2, M Richter 3
  • 1Humboldt Universität zu Berlin, Berlin
  • 2Hertie School of Governance, Berlin
  • 3Martin Luther Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)

Einleitung/Hintergrund: Seit den PISA-Studien ist hinreichend bekannt, dass integrierte Bildungssysteme mit einer geringen Anzahl an Bildungsgängen und einer langen Zeit gemeinsamen Lernens positiv mit dem Lernerfolg von Heranwachsenden assoziiert sind. Der individuelle Lernerfolg steht wiederum mit der Gesundheit in Zusammenhang. Welchen Einfluss unterschiedliche Bildungssysteme und deren Ausgestaltung auf die Gesundheit von Jugendlichen in einer international vergleichenden Perspektive ausüben, wurde bislang selten untersucht. Daher wird im Rahmen dieses Beitrags untersucht, wie unterschiedliche Bildungssysteme mit der Gesundheit der Heranwachsenden assoziiert sind. Material und Methoden: Datenbasis ist die internationale „Health Behaviour in School-aged Children„ (HBSC)-Studie 2005/06. Insgesamt 25 europäische und nordamerikanische Länder (n=111.339) wurden anhand von bildungssystemspezifischen Merkmalen, wie Jahre gemeinsamen Lernens und der Anzahl der Bildungsgänge, charakterisiert. Um die Relevanz der bildungssystembezogenen Determinanten für die Selbsteinschätzung der Gesundheit und Beschwerdelast von 11–15-jährigen Jugendlichen abzuschätzen, wurden logistische hierarchische Regressionsmodelle berechnet. Ergebnisse: Heranwachsende in Ländern mit einer höheren Anzahl an Jahren gemeinsamen Lernens weisen ein höheres Risiko für Beschwerden auf, während sich für die subjektive Gesundheit keine signifikanten Unterschiede feststellen lassen. Die Anzahl der Bildungsgänge steht dagegen weder mit der Selbsteinschätzung der Gesundheit noch der Beschwerdelast in einem signifikanten Zusammenhang. Diskussion/Schlussfolgerungen: Das Ergebnis der höheren Beschwerdelast in Bildungssystemen mit einer höheren Anzahl der Jahre gemeinsamen Lernens ist zunächst verwunderlich. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die heterogene Zusammensetzung der Heranwachsenden in Bildungssystemen mit einer langen Zeit gemeinsamen Lernens aufgrund von Wettbewerb zwischen den Schülerinnen und Schülern, anders als beim Bildungserfolg, nicht zu Gunsten der Beschwerdelast im Jugendalter auswirkt.