Gesundheitswesen 2011; 73 - A307
DOI: 10.1055/s-0031-1283598

Barrieren und Erfolgsstrategien einer langfristigen Lebensstilmodifikation im Alltag aus Sicht von PatientInnen mit KHK und Dorsopathien

C Richter 1, G Grande 1
  • 1Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, Leipzig

Einleitung/Hintergrund: Verschiedene Faktoren des Lebensstils haben einen wesentlichen Einfluss auf die Inzidenz und Progredienz chronischer Erkrankungen wie der Koronaren Herzkrankheit oder Dorsopathien. Ein zentrales Ziel der medizinischen und rehabilitativen Versorgung dieser PatientInnen besteht daher in der nachhaltigen Lebensstilmodifikation. Bisher gelingt die langfristige Stabilisierung gesundheitsförderlicher Verhaltensänderungen jedoch oft nur ungenügend [1]. Nach Erkenntnissen der sozial-kognitiven Lerntheorie nach Bandura sollten erfolgreiche Modelle die Übernahme komplexer Verhaltensweisen wie eines gesunden Lebensstils erleichtern [2]. Es ist zu erwarten, dass sich aus der Untersuchung der Betroffenenperspektive auf Erfolgsfaktoren und -strategien bei der Lebensstiländerung wertvolle Anregungen für die zukünftige lebensstilbezogene Präventionsarbeit ableiten lassen. Daten und Methoden: Im Rahmen des Modellprojektes „lebensstil-aendern.de„ wurden deutschlandweit qualitative, leitfadengestützte Interviews mit bislang acht Herz- und 12 RückenpatientInnen im Alter von 35–80 Jahren geführt, die sich selbst als erfolgreich in der Veränderung ihrer Lebensweise einschätzten. Der Schwerpunkt der Interviews lag auf der Erfassung hilfreicher und hinderlicher Faktoren der Lebensstiländerung sowie erfolgreicher Verhaltens- und Bewältigungsstrategien. Die Interviews wurden transkribiert und mithilfe einer computergestützten Inhaltsanalyse ausgewertet. Ergebnisse: Nach den vorliegenden Ergebnissen bilden die wahrgenommene Selbstverantwortung der Betroffenen für ihre Gesundheitssituation sowie das Selbstverständnis als am Genesungsprozess aktiv Mitwirkende grundlegende Voraussetzungen für eine gelingende Lebensstilmodifikation. Als weitere Erfolgsfaktoren wurden die Einbindung in eine Gruppe Betroffener sowie ein unterstützendes soziales Umfeld identifiziert. Ebenso scheinen erste Verbesserungen der medizinischen Symptomatik einen motivierenden und aufrechterhaltenden Effekt zu haben. Als besondere Hürden wurden Alltagsstress, Zeitmangel und der Rückfall in alte Verhaltensmuster beschrieben. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse verweisen auf ein umfangreiches Repertoire an wertvollem Erfahrungswissen der PatientInnen und sprechen für eine stärkere Berücksichtigung der Patientenperspektive bei der Konzeption und Durchführung (sekundär)präventiver Interventionen.

Literatur:

[1] Hüppe, A. & Raspe H. (2005): Zur Wirksamkeit von stationärer medizinischer Rehabilitation in Deutschland bei chronischen Rückenschmerzen: Aktualisierung und methodenkritische Diskussion einer Literaturübersicht. Rehabilitation. 44(1): 24–33. [2] Bandura, A. (1976): Lernen am Modell. Ansätze zu einer sozial-kognitiven Lerntheorie. Stuttgart: Ernst Klett.