Gesundheitswesen 2011; 73 - A350
DOI: 10.1055/s-0031-1283623

Wie der Vater, so der Sohn, wie die Mutter, so die Tochter? Die intergenerationale Transmission von Gesundheitslebensstilen in der Familie

S Schulz 1
  • 1Universität Mannheim, Mannheim

Dass ein Zusammenhang hinsichtlich gesundheitlich relevanter Verhaltensweisen wie z.B. Tabak- oder Alkoholkonsum zwischen Eltern und Kindern besteht, ist hinreichend belegt (intergenerationale Transmission). Bisherige Studien legten ihren Schwerpunkt jedoch einseitig auf die Transmission jeweils einzelner Verhaltensweisen und ihre Erklärung. Eine solche Vorgehensweise bleibt unbefriedigend, da verschiedene gesundheitsrelevante Verhaltensweisen häufig gemeinsam gezeigt werden und in einen umfassenden Gesundheitslebensstil der Person eingebettet sind, in welchem sich Gesundheitsrisiken akkumulieren können (Cockerham 2005). Die Fortsetzung eines insgesamt riskanten Gesundheitslebensstils über Generationen hinweg verdient daher besondere Aufmerksamkeit. Die vorliegende Studie behandelt die langfristige Übertragung von Gesundheitslebensstilen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern. Die Analyse geht damit über bisherige Arbeiten hinaus, welche lediglich Eltern und Jugendliche im gemeinsamen Haushalt untersuchten (Wickrama et al. 1999), bei denen ein Einfluss des elterlichen Lebensstils als am stärksten anzunehmen ist. Die Untersuchung basiert auf Querschnittsdaten der 2008er-Welle des sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Es stehen Daten von 2.781 Kindern und beiden Elternteilen zur Verfügung (Durchschnittsalter Kindgeneration: 26,7 Jahre; Mütter: 53,5 Jahre; Väter: 56,4 Jahre). Hiervon leben 1.545 Personen aus der Kindgeneration mit ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt, 1.236 Personen wohnen nicht mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt. Erste Ergebnisse zeigen bedeutsame Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit eigener sportlicher Betätigung, gesundheitsbewusster Ernährung, Tabak- und Alkoholkonsum. Zudem stehen sämtliche Verhaltensweisen der Kinder in Zusammenhang mit dem Verhalten der Eltern. Diese Zusammenhänge bleiben robust unter Kontrolle von Alter, Geschlecht und Bildung und vermindern sich geringfügig, wenn die Kindgeneration nicht mit den Eltern im gleichen Haushalt lebt. Die Studie testet die intergenerationale Transmission von Gesundheitslebensstilen auf Geschlechtersymmetrie und präsentiert Ansätze zur Erklärung der Transmission von Gesundheitslebensstilen. Damit bietet diese Studie auch Erkenntnisse zur Prävention von Risikoverhalten.

Literatur:

Cockerham, William C. 2005. Health Lifestyle Theory and the Convergence of Agency and Structure. Journal of Health and Social Behavior 46: 51–67. Wickrama, K. A. S., Rand D. Conger, Lora Ebert Wallace, und Glen H. Jr. Elder. 1999. The Intergenerational Transmission of Health-Risk Behaviors: Adolescent Lifestyles and Gender Moderating Effects. Journal of Health and Social Behavior 40: 258–272.