Gesundheitswesen 2011; 73 - A319
DOI: 10.1055/s-0031-1283641

Krankheitskosten von Depressionen – nicht nur die Patienten leiden!

JT Stahmeyer 1, J Gensichen 2, OA Walelu 1, JJ Petersen 3, FM Gerlach 3, C Krauth 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 2Universität Jena, Jena
  • 3Universität Frankfurt, Frankfurt

Einleitung/Hintergrund: Depressionen sind die häufigste Form psychischer Erkrankungen in Deutschland. Nach den Ergebnissen des Bundesgesundheitssurveys 1998 beträgt die 12-Monats-Prävalenz einer depressiven Störung in der Allgemeinbevölkerung 10,9%. Dies bedeutet, dass zwischen 5 und 6 Millionen Menschen innerhalb eines Jahres an Depressionen erkrankt sind. Depressionen sind nicht nur mit einem extrem hohen Leidensdruck für die Betroffenen und erhöhter Suizidalität verbunden, sondern führen zudem durch die erhöhte Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zu erheblichen Kosten für das deutsche Gesundheitssystem. Die PRoMPT-Studie verfolgte das Ziel, den Nutzen von hausarztbasiertem Case-Management für Patienten mit Depressionen (Major Depression) zu untersuchen. Die dargestellte Analyse wurde im Rahmen des Projekts durchgeführt und verfolgt das Ziel einer Abschätzung der durch Depression verursachten Krankheitskosten. Daten und Methoden: Die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen sowie Arbeitsunfähigkeitszeiten wurden über einen Zeitraum von einem Jahr mithilfe von Patientenbefragungen erhoben. Die gesundheitsökonomische Bewertung der Ressourcenverbräuche erfolgte in Anlehnung an die Empfehlungen der AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG). Ergebnisse: Die durchschnittlichen durch Depressionen verursachten Kosten liegen bei 3.813 Euro pro Jahr. Modellrechnungen haben ergeben, dass durch Depressionen jährliche Kosten in Höhe von 21,5 Milliarden Euro in Deutschland verursacht werden. Die Analyse von Subgruppen hat gezeigt, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in den Kosten bestehen. Männliche Patienten (6.308 Euro) verursachen deutlich höhere Kosten als weibliche Patienten (3.010 Euro). Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass schwere Krankheitsverläufe mit deutlich höheren Kosten verbunden sind. Patienten mit schweren Depressionen (6.302 Euro) verursachen deutlich höhere Kosten als Patienten mit mittelschweren (3.036 Euro) oder ausgeprägten Depressionen (2.971 Euro). Diskussion/Schlussfolgerungen: Depressive Störungen führen zu großen Einschränkungen im täglichen Leben und verursachen erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft. Es besteht ein großer Bedarf bei präventiven und kurativen Maßnahmen. Innovative Behandlungskonzepte wie PRoMPT-Case-Management können helfen, den Leidendruck zu verringern und unnötige Kosten einzusparen.

Literatur:

Gensichen J, Von Korff M, Peitz M, Muth C, Beyer M, Guthlin C et al. Case management for depression by health care assistants in small primary care practices: a cluster randomized trial. Ann Intern Med 2009; 151(6):369–378. König HH, Friemel S (2006):Gesundheitsökonomie psychischer Erkrankungen, in: Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz 2006, 49 (1):46–56. Krauth C, Hessel F, Hansmeier T, Wasem J, Seitz R, Schweikert B. Empirische Bewertungsansätze in der gesundheitsökonomischen Evaluation – ein Vorschlag der AG Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation (AG MEG). Gesundheitswesen 2005; 67(10):736–746. Stoppe G, Bramesfeld A, Schwartz FW (Hrsg.). Volkskrankheit Depression?, Berlin: Springer Medizin Verlag 2006.