Gesundheitswesen 2011; 73 - A134
DOI: 10.1055/s-0031-1283677

Folgen von innereuropäischer Migration: Eine qualitative Studie zu Stress und Bewältigungsverhalten von polnischen Migranten in Schottland

H Weishaar 1
  • 1University of Edinburgh, Edinburgh

Als Folge der Globalisierung und der Öffnung von Grenzen hat das Phänomen der innereuropäischen Wirtschaftsmigration zugenommen (Eurostat 2008). Nach der Einwanderung sehen sich Migranten häufig mit Stressoren konfrontiert und müssen sich auf die Situation im Gastland einstellen. Daten und Methoden: Es wurden acht leitfadengestützte Interviews und zwei Fokusgruppen mit polnischen Migranten, die als ungelernte Hilfskräfte in Schottland arbeiten, durchgeführt. Ziel war es, Stressoren und Bewältigungsstrategien sowie deren Auswirkungen auf die subjektive Gesundheit von polnischen Migranten in Schottland zu erfassen. Ergebnisse: Die Studienteilnehmer berichteten von Sprachschwierigkeiten, Unsicherheiten bezüglich des Umgangs mit der fremden Umgebung und Kultur und von berufsbedingten, praktischen und sozialen Stressoren. Die Studie zeigt, dass die befragten Migranten variabel mit den sie konfrontierenden Stressoren umgingen. Bewältigungsstrategien umfassten vor allem problemorientierte und gefühlsregulierende Strategien. Die Befragten wiesen sozialer Unterstützung und der positiven Bewertung der eigenen Situation eine bedeutende Rolle im Akkulturationsprozess zu. Dennoch klagten mehrere Befragte über psychische und psychosomatische Symptome und führten diese auf die erhöhte Belastung nach dem Umzug zurück. Diskussion/Schlussfolgerungen: Trotz geschickter und einfallsreicher Strategien, Probleme zu bewältigen, sind auch innereuropäische Migranten mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, welche Auswirkungen auf ihren subjektiven Gesundheitszustand haben können. Angesichts der Tatsache, dass Stressoren und Bewältigungsverhalten wichtige Determinanten von Bevölkerungsgesundheit darstellen (vgl. Hull 1979, Magana & Hovey, 2003, Griffin & Soskolne 2003, Ryan et al. 2006, Wittig et al. 2008), identifiziert die Studie Wirtschaftsmigranten als eine spezifische Risikogruppe für Prävention und Gesundheitsförderung. Eine bedarfsgerechte Unterstützung dieser Bevölkerungsgruppe kann insbesondere in Ländern mit hohem Migrationsanteil von Bedeutung sein.

Literatur:

Eurostat, 2008. Recent migration trends: citizens of EU-27 Member States become ever more mobile while EU remains attractive to non-EU citizens. Hull, D., 1979. Migration, adaptation, and illness: a review. Social Science & Medicine 13A, 25–36. Magana, C.G., Hovey, J.D., 2003. Psychosocial stressors associated with Mexican migrant farmworkers in the Midwest United States. Journal of Immigrant Health 5, 75–86. Griffin, J., Soskolne, V., 2003. Psychological distress among Thai migrant workers in Israel. Social Science & Medicine 57, 769–774. Ryan, L., Leavey, G., Golden, A., Blizard, R., King, M., 2006. Depression in Irish migrants living in London: case-control study. British Journal of Psychiatry 188, 560–566. Wittig, U., Lindert, J., Merbach, M., Brähler, E., 2008. Mental health of patients from different cultures in Germany. European Psychiatry 23, S28-S35.