Gesundheitswesen 2012; 74 - P1
DOI: 10.1055/s-0032-1307341

Wie plausibel ist die Todesursache? – Erkenntnisse eines nicht alltägliches Falls für die Praxis

M Oldenburg 1, H Dunker 2, G Rochholz 1, HJ Kaatsch 3
  • 1Stadt Flensburg Gesundheitsdienste
  • 2DIAKO Flensburg, Inst. f. Pathologie
  • 3UKSH, Campus Kiel, Inst. f. Rechtsmedizin

Einleitung: Die Prüfung der Plausibilität der Todesbescheinigungen und ggf. die zweite Leichenschau vor der Einäscherung sind Regelaufgaben des ÖGD. Der folgende Fall zeigt die Begrenzungen der auf Recherche basierenden Einschätzung und die Notwendigkeit auf weiterführende Untersuchungen zu bestehen und die Mittel dafür bereit zu halten.

Falldarstellung: Ein 39-jähriger langjährig Drogenabhängiger wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Der Verstorbene wurde substituiert und wird vom betreuenden Psychiater als verlässlich beschrieben. Die Eltern berichten über Gewichtsabnahme und vermehrt blutigen Auswurf, so dass der Notarzt, bei bekannter Hepatitis C, eine Ösophagus-Varizen-Blutung bei Leberzirrhose für die wahrscheinlichste Todesursache hält. Der die zweite Leichenschau durchführende Amtsarzt erfährt aber von den Angehörigen, dass nicht klar ist, ob es sich um Hämatinerbechen oder Hämoptysen handelt. Da der Verstorbene in einer Gruppe mit gehäuften TBC-Erkrankungen gelebt hat und ebenfalls Gewichtsverlust und Nachtschweiß berichtet wurde, wird eine Obduktion veranlasst. Durch diese wird sowohl die Ösophagusvarizenblutung, als auch die Tuberkulose ausgeschlossen, vielmehr zeigen sich neben vielen Normalbefunden diskrete Zeichen einer Intoxikation. Die toxikologische Untersuchung von Mageninhalt, Blut und Urin bestätigt eine Mischintoxikation aus Alkohol, Methadon, Doxepin und Nordazepam als Todesursache, die vorher für nicht plausibel gehalten wurde.

Diskussion: Aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen erscheinen beim gleichen Patienten auch bei sorgfältiger Recherche unterschiedliche Todesursachen plausibel. Andere Todesursachen werden nach Plausibilitätsprüfung verworfen. Die finanziellen Möglichkeiten für eine derart intensive Bearbeitung sind im Gesundheitswesen begrenzt. Umso wichtiger erscheint es auch im Einzelfall die Restzweifel im fachlichen Austausch zu besprechen und ggf. doch nötige aufwändige Untersuchungen zu veranlassen.