Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37 - P4_12
DOI: 10.1055/s-0032-1312514

Eingeschränkter präoperativer Ernährungszustand als unabhängiger Risikofaktor für das postoperative klinische Outcome

JP Breuer 1, M Kastrup 1, B Tausch 1, K Scholtz 1, C Spies 1, G Wassilew 2, K Wernecke 3, K Norman 4
  • 1Charite Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin, Berlin, Germany
  • 2Charite Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Klinik für Orthopädie, Campus Charité Mitte, Berlin, Germany
  • 3SOSTANA GmbH, Berlin, Germany
  • 4Charite Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie (einschl. Arbeitsbereich Ernährungsmedizin), Berlin, Germany

Fragestellung: Mangelernährung stellt ein häufig unerkanntes Problem im Gesundheitswesen dar, so dass nach aktuellen Daten jeder 4. Patient in allgemeinen Krankenhäusern Deutschlands bereits bei Aufnahme mangelernährt ist (1). Insbesondere bei chirurgischen Patienten beeinträchtigt Mangelernährung in Anbetracht des unvermeidlichen operativen Stresses die postoperative Rekonvaleszenz (2).

Ziel: Identifizierung von ernährungsrelevanten präoperativen Risikofaktoren für das postoperative klinische Outcome.

Methodik: Mit Erlaubnis der Ethikkommission (EA1/303/10) wurde eine retrospektive Observationsstudie der Behandlungsdaten elektiv-chirurgischer Patienten durchgeführt. Diese präliminäre Auswertung untersuchte in der Anästhesieambulanz erhobene Variablen zur Körperzusammensetzung wie Bioimpedanzanalyse (BIA), Taillen-Hüft-Umfang- (THI) und Body Mass Index (BMI) und zum Ernährungsrisiko [Malnutrition Universal Screening Tool (MUST)] als potenzielle Risikofaktoren für eine verlängerte Krankenhausverweildauer mithilfe einer multiplen Regressionsanalyse.

Ergebnis: Bisher wurden die Datensätze der ersten N=200 (49,3%) Patienten dieses Projektes analysiert (s. Tabelle). Der Phasenwinkel als ein prognostischer BIA-Parameter, THI oder BMI waren keine Risikofaktoren in diesem Kollektiv. Dagegen erwies sich in der Regressionsanalyse der MUST-Score als einziger signifikanter Prädiktor der Krankenhausverweildauer (p=0,035; beta-Koeffizient=1,76 [CI95: 0,127; 3,389]). 'Mangelernährte' (MUST ≥2) zeigten eine signifikant längere Liegezeit als 'Normal ernährte' Patienten (MUST 0–1) (s. Tabelle).

Tab.: Vergleich ‚Normal ernährt‘ und ‚Mangelernährt‘

Normal ernährt (MUST 0–1)

Mangelernährt (MUST ≥2)

P-Wert

N (%)

193 (96,5)

7 (3,5)

n.s.

Verweildauer in Tagen

4,6±3,8

7,6±4,1

0,046

Alter in Jahren (MW±SD)

50,5±16

40,7±20,9

n.s.

Geschlecht w/m in %

51,3/48,7

85,7/14,3

n.s.

BMI in kg/m2 (MW±SD)

6,8±5,6

22,4±4,5

n.s.

Malignom ja/nein in %

31,9/68,1

42,9/57,1

n.s.

Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse zeigen die Relevanz standardisierter Screenings auf Mangelernährung im operativen Setting. Inwieweit höhere Komplikationsraten die Verweildauer beeinflusst haben müssen die weiteren Analysen klären.

Literatur: 1. Pirlich et al. The German hospital malnutrition study Clinical Nutrition 2006

2. Schiesser et al. Assessment of a novel screening score for nutritional risk in predicting complications in gastro-intestinal surgery Clinical Nutrition 2008