Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37 - P4_2
DOI: 10.1055/s-0032-1312520

Ernährungstherapeutische Betreuung in der Grundversorgung: Analyse am Beispiel von Patienten/Patientinnen mit einer Tumorerkrankung

AB Sterchi 1, B Conrad Frey 2, ML Joray 1, U Wagner 3
  • 1Universitätsspital Insel, Klinische Ernährung, Bern, Switzerland
  • 2SVDE Schweizerischer Verband dipl. Ernährungsberater/innen HF/FH, Bern, Switzerland
  • 3Berner Fachhochschule, Fachbereich Wirtschaft und Verwaltung, Bern, Switzerland

Ausgangslage und Fragestellung: Die neue Finanzierung der stationären Behandlungen mittels DRG in Schweizer Spitälern führt tendenziell zu kürzeren Aufenthalten. Ernährungsprobleme von schwerkranken Patienten müssen deshalb in der ambulanten Primär- oder Grundversorgung professionell (weiter-)behandelt werden. Es wird erhoben, ob dort Ernährungsprobleme bei Tumorpatienten wahrgenommen und wie diese behandelt werden. Weiter wird erfragt, ob aus Sicht von Gesundheitsfachpersonen ein Bedarf für eine wohnortnahe Ernährungsberatung vorliegt.

Methode: Mittels Umfrage und selektiven Interviews wird die Art und Weise sowie der Bedarf der Ernährungsunterstützung durch spitalexterne Pflegefachpersonen und niedergelassene Ärzten/Ärztinnen in der ambulanten Grundversorgung bei Patienten mit einer Tumorerkrankung im Schweizer Kanton Bern erfragt.

Ergebnisse: Die Analyse zeigt, dass die ernährungstherapeutischen Probleme mit der Mangelernährung erkannt, aber nicht systematisch mittels Screening erfasst werden. Die Befragten betreuen vor allem Tumorpatienten mit einer moderaten Mangelernährung. Ungefähr ein Viertel dieser Patienten weisen größere chronische Wunden auf. Die Ernährungstherapie beschränkt sich tendenziell auf wenige Strategien wie Ernährungstipps, Einsatz von Trinknahrung oder Organisation von Mahlzeitendienst. Bei komplexen Ernährungssituationen besteht eine Tendenz zur Einweisung ins Spital. Bezüglich Unterstützung bei enteraler Ernährung zu Hause wird das zuständige Spital oder eine Homecare-Organisation beigezogen. In gewissen Regionen gibt es die Möglichkeit der Zuweisung zur Ernährungsberatung. Die Befragten geben i.d.R. einer wohnortnahen Ernährungsunterstützung durch eine dipl. Ernährungsberater/in HF/FH den Vorzug.

Schlussfolgerungen: Die Entwicklungen im Gesundheitswesen unterstützen eine zeitnahe und qualitativ hochstehende Behandlung. Die Gesundheitsfachpersonen sind interessiert, sich für Tumorpatienten mit einer moderaten und schweren Mangelernährung Wissen anzueignen bzw. auch eine professionelle Ernährungsberatung vor Ort zu involvieren. Es wird ein interdisziplinäres ambulantes Ernährungsteam am Spitex-Stützpunkt (spitalextere Pflegeinstitution) vor Ort sowie ein gezieltes Schulungsprogramm zur Früherkennung der Mangelernährung in der Grundversorgung vorgeschlagen.