Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37 - P4_3
DOI: 10.1055/s-0032-1312521

Vergleich von Verlaufsparametern zur Erfassung von Mangelernährung bei Chemotherapiepatienten mit besonderem Fokus auf die Muskelkraft

J Wojzischke 1, 2, S Marienfeld 2, J Bojunga 2, J Hübner 1
  • 1Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Medizinische Klinik 2, Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen (UCT), Frankfurt am Main, Germany
  • 2Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Medizinische Klinik 1, Ambulanz für enterale und parenterale Ernährung, Frankfurt am Main, Germany

Fragestellung: Chemotherapiepatienten haben ein erhöhtes Risiko, eine Mangelernährung (ME) zu entwickeln. Krankheitsbedingte ME verringert die Lebensqualität und erhöht Morbidität und Letalität. Eine rechtzeitige Ernährungsberatung kann eine ME vermindern und damit einen wesentlichen Beitrag zur Therapie leisten. Ernährungsberatung und -intervention sind vermutlich dann besonders effektiv, wenn sie frühzeitig erfolgen, bevor eine größere Gewichtsabnahme einsetzt. Hierzu wäre ein einfaches Instrument, das auch von Mitarbeitern ohne Ernährungsexpertise angewendet werden kann hilfreich. In der Studie soll untersucht werden, ob neben den bekannten Scores wie dem Nutritional Risk Screening (NRS) und komplexeren Untersuchungen wie der Bioelektrischen Impedanz Analyse (BIA), insbesondere funktionelle Parameter wie Handmuskelkraft (HMK) und Time Up & Go Test (TUG) frühzeitig Hinweise auf ein Risiko für eine ME geben.

Methodik: In die prospektive offene Beobachtungsstudie werden Patienten mit manifester Tumorerkrankung aus dem ambulanten und stationären Bereich der Urologie, Pneumologie, Gastroenterologie und Hämatologie des Klinikums eingeschlossen. Bei Chemotherapiebeginn wird alle 3 Wochen, insgesamt 7 Mal das Risiko für eine ME mittels NRS, BIA, HMK und TUG ermittelt.

Ergebnis: Bislang wurden 28 Patienten (17Männer) im Alter zwischen 33 und 81 Jahren (Median: 65, IQR: 16) eingeschlossen. Die Frauen hatten im Median einen Body Mass Index (BMI) von 23,7kg/m2 (IQR: 5,5), die Männer von 28,1kg/m2 (IQR: 5,5). Nach NRS liegt bei 12 Patienten (43%) ein Risiko für eine ME (≥3 Punkte) vor. Bei 7 Patienten (25%) wurde eine deutlich erniedrigte Body Cell Mass (BCM) mit <30% der Körpermasse gemessen. Die HMK von 5 Patienten (19%) liegt unter der 25. Perzentile. 4 Patienten (15%) benötigten mehr als 10 Sekunden für den TUG. Der Vergleich der Messwerte bei Einschluss zeigt eine signifikante, zweiseitige Korrelation auf dem 1% Niveau von HMK und BCM, HMK und Phasenwinkel, Fett und BMI und BMI und BCM, sowie auf dem 5% Niveau für TUG und Phasenwinkel und BMI und HMK.

Schlussfolgerung: Das Risiko für eine ME wird von drei Instrumenten in gleicher Höhe angezeigt und liegt zwischen 15% und 25%. Das Risiko beim NRS liegt deutlich höher. Die beiden funktionellen Parameter korrelieren in Teilen mit den BIA-Messwerten und dem BMI. Um den Zusammenhang zwischen Muskelkraft und ME noch besser zu belegen, wird die Auswertung der Verlaufsdaten zukünftig angestrebt.