Gesundheitswesen 2013; 75 - A4
DOI: 10.1055/s-0033-1337450

Die Beteiligung von Ärzten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes an der Verfolgung ihrer jüdischen Kollegen

S Doetz 1
  • 1Charité-Universitätsmedizin, Inst. für Geschichte der Medizin, Berlin

Im Mai 1941 denunzierte der Amtsarzt des Berliner Bezirkes Wilmersdorf Fritz Benkwitz den im selben Bezirk tätigen „Krankenbehandler“ Walther Zuelchaur bei der Medizinalabteilung des Berliner Polizeipräsidiums. Zuelchaur habe gegenüber Patienten „seine Zulassung allein zur ärztlichen Behandlung von Juden“ bewusst verheimlicht. Der ehemalige Leiter der Wilmersdorfer Tuberkulosefürsorgestelle war zuvor zu einer schwer kranken, „arischen“ Wohlfahrtspatientin gerufen worden. In der Folge mussten sich sowohl Zuelchaur als auch die von ihm behandelte Frau vor der Gestapo verantworten. Im Herbst desselben Jahres wurde Zuelchaur die weitere Praxisausübung verboten. Das Wilmersdorfer Gesundheitsamt meldete wenige Monate später, dass er das Verbot nicht befolge. Zuelchaur wurde im April 1942 verhaftet, in ein Konzentrationslager verschleppt und starb am 5. Juni 1942 an den Folgen der dort erlittenen Misshandlungen.

Gegen den Obermedizinalrat a.D. Fritz Benkwitz leitete die Staatsanwaltschaft des amerikanischen Sektors in Berlin im Frühjahr 1949 ein Verfahren wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit ein.

Ausgehend von dem vorliegenden Fall soll die direkte Beteilung von Ärzten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes – laut der Vierten Verordnung des Reichsbürgergesetzes unterstanden die „Krankenbehandler“ den Gesundheitsämtern – an der Verfolgung ihrer jüdischen Kollegen während des Nationalsozialismus thematisiert werden.