Gesundheitswesen 2013; 75 - A57
DOI: 10.1055/s-0033-1354043

Prävention und Risikomanagement kardiovaskulärer Erkrankungen in der europäischen hausärztlichen Versorgung – Die EPA-Cardio Studie

S Ludt 1, M Wensing 2, S Campbell 3, J Szecsenyi 4
  • 1Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg
  • 2Radboud University, Medical Centre, Scientific Institute for Quality of Healthcare, Nijmegen
  • 3University of Manchester, Health Sciences – Primary Care Group, Manchester
  • 4Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg

Einleitung: Kardiovaskuläre Erkrankungen haben einen entscheidenden Einfluss auf Mortalität, Lebensqualität und gesundheitsökonomische Aspekte in allen europäischen Ländern. Durch höhere Überlebensraten nach Herzinfarkt und den demographischen Wandel steigen die Prävalenzen kardiovaskulärer Erkrankungen und deren Risikofaktoren wie z.B. Bluthochdruck stetig an. Der Prävention dieser Erkrankungen, die sich in der Regel über mehrere Jahre bis Jahrzehnte unter hausärztlicher Betreuung entwickeln, kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu. In der Prävention spielt die Prädiktion des Erkrankungsrisikos durch geeignete Risikokalkulatoren und die kontinuierliche Beratung dieser Risikopatienten zu einem gesunden Lebensstil (Ernährung, Bewegung, Nichtrauchen) oder einer regelmäßigen medikamentösen Therapie (Blutdrucksenkung) eine zentrale Rolle und evidenzbasierte Maßnahmen zur Identifikation, Beratung und Behandlung von Risikopatienten sind beschrieben. Die Umsetzung dieser Maßnahmen in der hausärztlichen Routineversorgung wurde in der EPA-Cardio Studie ländervergleichend untersucht. Methodik:. In der einer internationalen Beobachtungsstudie wurden in Hausarztpraxen 3 verschiedene Populationen untersucht: 1. „gesunde Erwachsene“, 2. Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und 3. solche mit bereits bestehender Koronarer Herzerkrankung (KHK). In jeder Praxis wurden Patienten entsprechend vorher definierten Einschlusskriterien identifiziert und jeweils 30 Patienten pro Gruppe zufällig für die Studienteilnahme ausgewählt. Von teilnahmewilligen Patienten wurden Behandlungsdaten (Qualitätsindikatoren) aus der Patientenakte abstrahiert und weitere Daten mittels eines Fragebogens erhoben. Ferner wurden Eigenschaften der Praxen durch Interviews mit den verantwortlichen Hausärzten und Fragebögen für das Praxisteam eruiert. Ergebnisse: Insgesamt wurden ca. 12 000 Patienten (je 4000 pro Gruppe) aus 240 Hausarztpraxen in 9 europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Niederlande, Österreich, Slowenien, Schweiz, Spanien) in die Analyse eingeschlossen. In den Gruppen 2 (KHK-Patienten) und 3 (Risikogruppe) zeigte sich, dass chronisch kranke Patienten (KHK) hinsichtlich definierter Qualitätsindikatoren besser versorgt waren als die Risikopatienten. Das Lebensstilmanagement war in beiden Gruppen verbesserungswürdig. Länder, in denen spezifische Präventionsprogramme etabliert waren zeigten bessere Ergebnisse. Unabhängig von länderspezifischen Faktoren konnten Praxiseigenschaften identifiziert werden, die mit einer besseren Versorgung einhergingen. Diskussion: Während bei KHK-Patienten die Qualität der hausärztlichen Routineversorgung vergleichbar mit derjenigen der spezialisierten stationären Versorgung ist, besteht ein hohes Verbesserungspotenzial für die hausärztliche Versorgung von kardiovaskulären Risikopatienten. Modifikationen der Praxisorganisation und bestimmter Softwarefunktionen könnten ein effektives Präventionsmanagement unterstützen.