Gesundheitswesen 2013; 75 - A288
DOI: 10.1055/s-0033-1354230

Neuroenhancement: Erste Zwischenergebnisse einer Untersuchung in vier ausgewählten Berufen

T Köhler 1
  • 1infas – Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH, Bonn

Einleitung: Wenn Arbeitnehmer Medikamente oder andere Substanzen zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit oder zur Steigerung des psychischen Wohlbefindens einnehmen, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit vorliegt, bezeichnet man dies als Neuroenhancement (NE). Bei der laufenden Studie handelt es sich um eine hypothesentestende Untersuchung, in der das Erkenntnisinteresse auf dem Zusammenhang von Arbeitsbelastungen und NE in Berufen mit hohen kognitiven und psychischen Anforderungen liegt. Daher wird das Einnahmeverhalten von Ärzten, Publizisten, Werbefachleuten und Softwareentwicklern/Programmierern untersucht. Dieser Berufsauswahl liegt die Annahme zugrunde, dass die mit diesen Berufen verbundenen Arbeitsplatzbedingungen (z.B. lange Arbeitszeiten, beständiger Zeitdruck), die Anforderungen an Kreativität und Konzentration sowie die Stressbelastungen durch das Arbeit, die Einnahme von – vermeintlich – leistungssteigernden Mitteln fördern. Methoden: Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Arbeitsbelastungen und NE wurde ein dreistufiger Untersuchungsansatz gewählt. In der ersten Stufe werden mittels Face-to-Face-Befragung ca. 1.000 Arbeitnehmer je Berufsgruppe interviewt. In der zweiten Stufe wird eine Gruppe von Usern mittels Tagebuchmethode die Belastungssituationen innerhalb eines Wochenzeitraums dokumentieren. Anschließend wird eine Auswahl von Usern in einem problemzentrierten Tiefeninterview befragt. Im vorliegenden Beitrag werden die ersten 1.562 Face-to-Face Interviews der ersten Befragungsstufe ausgewertet. Vorläufige Ergebnisse: Die Arbeitnehmer aus der Stichprobe sind im Vergleich zu Arbeitnehmern aus einer Repräsentativerhebung (S-MGA) unzufriedener mit Ihrer Arbeit, psychisch stärker beansprucht und arbeiten im Durchschnitt länger. Es wird NE-Konsum für die Lebenszeit, die letzten 12 Monate als auch die letzten 4 Wochen dokumentiert. Der größte Anteil der bisher realisierten Fälle kennt den Begriff NE. Bisher sind 47% der Befragten teilnahme- und davon 91% panelbereit. Schlussfolgerung: Das Studiendesign funktioniert und bestätigt die Annahmen, dass die ausgewählten Berufsgruppen im Vergleich mit einer Repräsentativerhebung stärker belastet sind. Zudem erlaubt die Operationalisierung die Beantwortung der Fragestellung, da ausreichend NE-Konsumenten an der Studie teilnehmen.