Gesundheitswesen 2014; 76 - A31
DOI: 10.1055/s-0034-1386881

Psychische Traumatisierung im öffentlichen Personenverkehr. Ergebnisse zur internationalen Studienlage und arbeitsmedizinischen Versorgung

A Clarner 1, A Martin 2, W Uter 3, H Drexler 1, E Gräßel 4
  • 1Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Erlangen
  • 2Klinische Psychologie und Psychotherapie, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal
  • 3Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • 4Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Universitätsklinikum Erlangen, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Erlangen

Hintergrund: Mitarbeiter im öffentlichen Personenverkehr zählen zu einer beruflichen Hochrisikogruppe für psychische Traumatisierung in Folge von Unfällen, Suiziden oder anderen Schadensereignissen. Auswirkungen auf die Gesundheit wie auch Maßnahmen zur Versorgung Betroffener stehen daher im Fokus präventiver Medizin. Ziel der vorliegenden Studie war die systematische Analyse zur Häufigkeit posttraumatischer Belastungsstörungen (PTSD), der Identifikation von Risiko- und prognostischen Faktoren wie auch der Anwendung gewonnener Erkenntnisse auf ein bestehendes Fahrerkollektiv nach potenziell traumatischen Schadensereignissen (Unfälle, Suizide, etc) in der Regelversorgung.

Methodik: Durchgeführt wurde ein systematischer Review mithilfe der Datenbanken: PubMed, Psyndex/Medline, Science Direct, PILOTS. Der Zeitraum umfasste 1980 bis Juni 2013, bei vorher festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien. Anschließend wurden die ermittelten Risikofaktoren bei einem bestehenden Fahrerkollektiv nach potenziell traumatischen Schadensereignissen untersucht. Hierbei handelte es sich um 59 Mitarbeiter eines deutschen Verkehrsunternehmens, die ärztlich nach ICD-10 begutachtet wurden.

Ergebnis: International konnten insgesamt sieben Studien identifiziert werden. Dabei betrug die PTSD-Prävalenz zwischen 0,7 und 17%. Die im Fahrerkollektiv aufgetretene Inzidenz von PTSD belief sich auf 8,5% nach traumatischen Ereignissen. Risikofaktoren für PTSD bezogen sich auf individuelle, arbeitsplatz-, ereignisbezogene und prognostische Aspekte, welche sich im Sample teilweise bestätigen ließen. Als signifikanter Einflussfaktor des Kollektivs wurde die Verletzungsschwere des Unfallgegners ermittelt.

Schlussfolgerung: Die gesundheitlichen Auswirkungen nach traumatischen Ereignissen sind für Fahrdienstmitarbeiter massiv. Gleichzeitig ist die internationale Studienlage beschränkt und die ermittelten Risikofaktoren dienen als erste Indizien. Vor diesem Hintergrund sollten Versorgungsmaßnahmen nach Trauma im Fahrdienst wissenschaftlich begleitet werden.