Gesundheitswesen 2014; 76 - A133
DOI: 10.1055/s-0034-1386983

Analyse der Messeigenschaften des Erlangener Atopie-Score gemäß den Anforderungen der modernen Testtheorie

R Ofenloch 1, E Weisshaar 1, T Diepgen 1
  • 1Abteilung Klinische Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg

Einleitung/Hintergrund: Die atopische Hautdiathese besitzt eine hohe berufsdermatologische Relevanz, da sie bei ungünstiger Berufswahl ein Risikofaktor für die Entstehung eines Kontaktekzems darstellt. Die Bestimmung einer atopischen Hautdiathese erfolgt unter Berücksichtigung von anamnestischen und klinischen Kriterien, die mithilfe von standardisierten Instrumenten erfasst werden können. Diese Instrumente wurden auf Grundlage der klassischen Testtheorie entwickelt. Es ist unklar ob sie auch den Anforderungen der modernen Testtheorie (MTT) genügen. In Deutschland gilt als „Goldstandard“ zur Erfassung einer atopischen Hautdiathesese der sogenannten Erlanger Atopie-Score (EAS) (Diepgen et al. 1991). Ziel dieser Studie war es die psychometrischen Güte des EAS zu bewerten, sowie gegebenenfalls eine Optimierung des Bewertungsalgorithmus gemäß den Anforderungen der MTT mithilfe des Rasch-Modells durchzuführen.

Daten/Methodik: Der EAS bestehen aus 23 Items (ohne Laborwerte) welche anamnestische sowie klinische Charakteristika der Atopie erfassen und mit einem Punktwert von 0 bis 3 bewertet werden. Die Studienpopulation bestand aus einem Kollektiv von n = 516 Patienten mit chronischen Handekzem die an einer Maßnahme der stationären Tertiärprävention (TIP) teilnahmen. Die globale Passung der EAS zum Rasch-Modell wurde mithilfe eines Chi2-Anpassungstest ermittelt, zur Bestimmung der internen Konsistenz wurde der Person Separation Index (PSI) berechnet. Auf Itemebene wurde untersucht ob der EAS ungeordnete Schwellenwerte oder Differential Item Functioning (DIF) aufweist. Des Weiteren wurde der EAS auf eine signifikante Abweichung der Fit Residuals (> 2,5) auf Itemebene untersucht.

Ergebnisse: Obwohl der PSI mit einem Wert von 0,58 eine akzeptable interne Konsistenz auswies, zeigten der EAS eine signifikante Abweichung zum Rasch-Modell (p < 0,001). Eine Analyse auf Itemeben ergab, dass fünf Item ungeordnete Schwellenwerte aufwiesen, bei zwei Items lagen die Fit Residuals über dem kritischen Wert von 2,5 und drei Items zeigten ein signifikantes DIF nach Geschlecht (p < 0,001). Nachdem in einem ersten Schritt die ungeordneten Schwellenwerte durch das Zusammenlegen von Antwortkategorien korrigiert worden waren, verbesserte sich der PSI auf einen Wert von 0,6. Die Abweichung zum Rasch-Modell war weiterhin signifikant (p < 0,01). Nachdem in einem zweiten Schritt zwei Items (Keratosis pilaris und Akrozynaose) entfernt wurden, zeigte der EAS keine signifikante Abweichung zum Rasch-Modell (p > 0,19). Lediglich ein Item (Metallunverträglichkeit) wies ein uniform DIF nach Geschlecht auf, wobei Frauen bei gleichem Grad der Atopie eine höhere Wahrscheinlichkeit aufwiesen eine Metallunverträglichkeit zu berichten als Männer.

Diskussion: Der EAS ist ein valides Instrument zur Bestimmung der atopischen Hautdiathese. Die in dieser Analyse gefunden Abweichungen zum Rasch-Modell konnten mit einer minimalen Korrektur des Bewertungsalgorithmus und dem Ausschluss von zwei Items korrigiert werde. Aufgrund der selektiven Stichprobe können die hier gefundenen Ergebnisse nicht verallgemeinert werden, gleichzeitig müssen aufgrund der Korrektur des Bewertungsalgorithmus neue Cut-off-Werte für das Vorliegen einer atopischen Hautdiathese bestimmt werden. Hierzu sind weitere Analysen des hier vorgestellten Rasch-optimierten EAS mithilfe von Außenkriterien zum Vorliegen von atopischen Ekzemen nötig.