Gesundheitswesen 2014; 76 - A157
DOI: 10.1055/s-0034-1387007

Verstetigung settingbezogener Interventionen in der Gesundheitsförderung und Prävention: Welchen Beitrag leistet Partizipation?

I Schaefer 1, S Funk 1, P Kolip 1
  • 1Universität Bielefeld, Bielefeld

Hintergrund: Partizipation im Sinne einer systematischen und auf eine aktive Teilhabe zielenden Beteiligung gilt als zentrales Konzept der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung. Zudem soll durch die Beteiligung der unterschiedlichen Zielgruppen an allen Phasen des Public Health Action Cycle, d.h. insbesondere an der Planung, Umsetzung und Bewertung von Angeboten und Maßnahmen eine bessere Verstetigung von Interventionen der Gesundheitsförderung erreicht werden. Zielgruppen der Partizipation sind dabei einerseits Akteurinnen und Akteure, die für die Gestaltung und Durchführung von Interventionen gewonnen werden sollen, und andererseits diejenigen, an die die jeweiligen Interventionen gerichtet sind.

Methoden: Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans IN FORM wurden seitens des Bundesministeriums für Gesundheit in den vergangenen Jahren verschiedene Modellvorhaben und Initiativen gefördert, die settingbezogene Interventionen zur Verbesserung des Bewegungs- und Ernährungsverhaltens implementiert haben. Mit der Förderung war die Erwartung an eine Verstetigung verbunden, um langfristig die Rahmenbedingungen für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu verbessern. Die Universität Bielefeld wurde damit beauftragt, einige der geförderten Initiativen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bzw. Verstetigung zu untersuchen (Laufzeit: 01.04.2013 – 31.06.2014). Hierfür wurden Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner der Aktionsbündnisse „Gesunde Lebenswelten und Lebensstile“ und der Zentren für Bewegungsförderung sowie Kontaktpersonen ausgewählter Modellprojekte mittels eines Online-Tools befragt (n = 44). Daran anschließend wurden vertiefende, qualitative Telefoninterviews mit Projektverantwortlichen aus diesen drei Förderinitiativen durchgeführt (n = 20). Ziel war es, Faktoren zu ermitteln, die eine Verstetigung gesundheitsfördernder Strukturen und Aktivitäten in der Kommune unterstützen. In diesem Kontext wurde auch überprüft, inwieweit partizipative Arbeitsweisen mit der Kontinuität der aufgebauten Strukturen und implementierten Angebote verbunden waren.

Ergebnisse: Partizipation wurde in den verschiedenen Förderinitiativen unterschiedlich umgesetzt: Von den Zentren für Bewegungsförderung wurden vielfach Mitglieder der verschiedenen Zielgruppen bereits in die Planung sowie in die anschließende Durchführung von Angeboten eingebunden. Die Aktionsbündnisse haben dagegen die verschiedenen Zielgruppen mit Hilfe von Multiplikatorenansätzen erst in die Durchführung der Angebote eingebunden. Beide Förderinitiativen haben zudem in die Netzwerkarbeit investiert, um auf diese Weise dauerhafte Strukturen für die Aufrechterhaltung der Interventionen zu schaffen. In den Modellprojekten konnten aufgrund der heterogenen Konzeptionen keine Schwerpunkte für die Umsetzung der Partizipation identifiziert werden. Im Hinblick auf die Verstetigung der Angebote und Aktivitäten kann ein Zusammenhang mit partizipativen Arbeitsweisen gezeigt werden: So hat nach Einschätzung der Projektverantwortlichen die Beteiligung der Zielgruppe an der Planung der Interventionsangebote die Inanspruchnahme, eine Voraussetzung für Dauerhaftigkeit, erhöht. Weiterhin konnte ein großer Teil der Angebote, in deren Durchführung Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus der Zielgruppe eingebunden waren, aufrechterhalten werden. Außerdem kann auch ein Zusammenhang zwischen der Kontinuität der aufgebauten Netzwerke sowie den implementierten Angeboten gezeigt werden. Daran anknüpfend wurde in den Interviews übereinstimmend die große Bedeutung von Partizipation für die Verstetigung von Interventionsansätzen betont.

Schlussfolgerungen: Die Analyse bestätigt die Empfehlung, dass Partizipation auch die Verstetigung von Interventionsansätzen in der Gesundheitsförderung unterstützt. Zugleich wurde deutlich, dass eine dem Anspruch auf Entscheidungsbefugnisse genügende Partizipation keineswegs selbstverständlicher Bestandteil von Gesundheitsförderung ist. Akteurinnen und Akteure der Gesundheitsförderung sollten daher bei der Realisierung von Partizipation insbesondere in Bezug auf die Adressaten der Intervention unterstützt werden.