Gesundheitswesen 2014; 76 - A198
DOI: 10.1055/s-0034-1387048

Umweltbedingte Gesundheitsschäden: Erkennen – Melden – Vermeiden

J Thürauf 1
  • 1IPAM, Tinnum

Einleitung: Das breite Spektrum möglicher Umweltnoxen kann die unterschiedlichsten Gesundheitsschäden verursachen. Diese sind nach Art, Schweregrad und Häufigkeit zu unterscheiden. Eines haben sie jedoch gemeinsam: sie sind grundsätzlich vermeidbar, weil sie durch unser Verhalten und die dadurch geschaffenen Verhältnisse verursacht werden. Nach sorgfältiger Güterabwägung hat der Gesetzgeber deshalb für bedeutsame umweltbedingte Gesundheitsschäden eine ärztliche Meldepflicht angeordnet. Die Ergebnisse aus diesem weltweit einzigartigen Meldesystem werden hier systematisch gegliedert vorgestellt. Entsprechend einer ganzheitlichen Betrachtungsweise erfolgt eine Synopse der privaten und betrieblichen Lebensbereiche.

Material: Als wesentliche Datenquellen werden die Jahresberichte und Publikationen der verschiedenen (meist staatlichen) Institutionen genutzt. Beispielhaft sind zu nennen: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA), Bundesinstitut für Risikoanalyse (BfR), Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Robert Koch-Institut (RKI), Statistisches Bundesamt. Die bestehenden Berichtspflichten ermöglichen neben Querschnitts- auch Längsschnitt-Untersuchungen und Trend-Analysen.

Ergebnisse: Eine aktuelle bundesweite Übersicht (2011) vermittelt die BAUA mit folgenden Zahlen (1.) Tote: 20.406 und (2.) Verletzte: 8,72 Millionen (d. h. einwohner-bezogene Unfall-Quote ca. 10%). Für die einzelnen Lebensbereiche ergeben sich folgende Verteilungen (prozentual, gerundet): Arbeit: (3/13); Schule (0,05/16); Verkehr (21/0,22); Haus (39/32); Freizeit (38/36). Demnach erscheinen die relativ geregelten Bereiche Arbeit und Schule vergleichsweise weniger riskant als die persönlichen Lebensbereiche Freizeit und Haus. Die orts- und zeitnah gemeldeten Infektionskrankheiten zeigen eine besondere Dynamik. Bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ergeben sich deutliche Schwerpunkte bzw. bevorzugte Zielorgane (Haut und Atemsystem, sowie Gehör-Lärmschäden).

Schlussfolgerung: Die einzelnen meldepflichtigen Tatbestände und ihre Meldewege sind entsprechend dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen erwartungsgemäß unterschiedlich. Eine systematische Gesamt-Übersicht erscheint nicht nur aus differenzialdiagnostischen Gründen erforderlich. Sie ermöglicht aufschlussreiche Vergleiche und neue Erkenntnisse. Zahlreiche umweltbedingte Gesundheitsschäden (z.B. Allergien, Infektionskrankheiten, Krebserkrankungen, Vergiftungen) können dank der modernen Kommunikationsmittel rasch gemeldet, bearbeitet und ausgewertet werden. Die Ergebnisse können Ärzteschaft, Patienten und Konsumenten jederzeit bequem im Internet ansehen. Dadurch werden die Arzt-Patienten-Kommunikation wesentlich erleichtert und ursächliche Zusammenhänge leichter erkannt. Insbesondere im arbeitsmedizinischen Bereich werden traditionell derartige Informationen als Risikoindikatoren genutzt zur zielgerichteten Prävention und nachhaltigen Pflege der Sicherheitskultur. Das hier etablierte System des (sozial)rechtlichen, technischen und (arbeits)medizinischen Gesundheitsschutzes kann beispielhaft für die außerbetrieblichen Bereiche genutzt werden – zum Vorteil der Einzelperson und der Gesellschaft.