Gesundheitswesen 2015; 16 - P16
DOI: 10.1055/s-0035-1546917

Anonyme STI-Sprechstunde der Gesundheitsämter: Studie zu Infektionsrisiken und Gründen für den Besuch der Sprechstunde

M Scharlach 1, A Baillot 2
  • 1Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Infektionsepidemiologie, Hannover
  • 2Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Virologie/Serologie, Hannover

Im Rahmen der Prävention von STIs bieten Gesundheitsämter ein anonymes Beratungs- und Untersuchungsangebot an. Die Studie untersuchte die Häufigkeit der Erkrankungen, Hinweise auf Risikogruppen und -verhalten sowie die Motivation der Patienten zum Besuch der Sprechstunde im Gesundheitsamt Braunschweig. Abhängig vom persönlichen Risiko und Wunsch des Patienten wurden labordiagnostische Untersuchungen durchgeführt und spezifische Fragebögen für Personen mit heterosexuellem Risiko (PHR), Männer die Sex mit Männern hatten (MSM) und Sexarbeiterinnen eingesetzt. In einer univariaten Analyse wurden Relative Risiken (RR) und dazugehörige Konfidenzintervalle (CI) berechnet. Es wurde 19 Chlamydien-Infektionen (n = 453; 4,2%), 44 HPV-HR Infektion (n = 247; 17,8%), 12 HPV-LR Infektionen (n = 104; 11,5%) und 11 behandlungsbedürftige/ausgeheilte Lues-Infektionen (n = 416; 2,6%) nachgewiesen. Alle Untersuchungen auf HIV (N = 566) und Gonorrhoe (n = 373) blieben negativ. MSM waren signifikant häufiger von Chlamydieninfektionen (RR 5,90; CI 2,13 – 16,30) sowie von HPV-HR (RR 7,84; CI 3,06 – 20,07) und HPV-LR (RR 5,60; CI 1,34 – 23,40) betroffen als Männer der Gruppe PHR. Unter den PHR wiesen Frauen ein signifikant höheres Risiko für HPV-HR auf als Männer (RR 5,90; CI 2,64 – 13,20). Eine signifikante Assoziation (RR 4,31; CI 1,34 – 13,82) zeigte sich für eine HPV-HR Infektion unter PHR und einem inkonsequenten Kondomgebrauch. MSM nutzen das Angebot der Sprechstunde regelmäßig. Der Hauptgrund für den Besuch ist für MSM und PHR die Angst vor einer Infektion. Sexarbeiterinnen werden hauptsächlich durch die aufsuchende Tätigkeit des Gesundheitsamtes erreicht. STIs treten in den Risikogruppen unterschiedlich häufig auf, ohne dass gruppenspezifische Risikofaktoren eindeutig identifiziert werden können. Die Aufklärung über den Schutzeffekt durch Kondomverwendung muss kontinuierlich fortgeführt werden. Vor allem für MSM und Sexarbeiterinnen sind STI-Sprechstunden ein wichtiges Angebot.