Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605602
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Künftige Trends der Morbidität im regionalen Vergleich: Welche Rolle spielt die regionale sozioökonomische Deprivation?

E Nowossadeck
1   Robert Koch-Institut, Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
LE Kroll
1   Robert Koch-Institut, Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
M Schumann
1   Robert Koch-Institut, Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
T Lampert
1   Robert Koch-Institut, Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Die gesundheitlichen Folgen der demografischen Alterung sind bereits mehrfach untersucht, soziale Ungleichheiten werden dabei noch zu wenig thematisiert. Es wird untersucht, inwiefern sich im Hinblick auf die künftige alterungsbedingte Morbiditätsentwicklung regionale sozioökonomische Unterschiede zeigen.

Methoden:

Anhand gepoolter Daten der Studien „Gesundheit in Deutschland Aktuell“ (GEDA) 2009, 2010 und 2012 des RKI (n = 62.606) werden Zusammenhänge zwischen Mobilitätsindikatoren und den in Bevölkerungsprognosen fortgeschriebenen Merkmalen Alter, Geschlecht und Haushaltsgröße hergestellt. Mit Mehrebenenregressionsmodelle werden die regionale Morbidität auf Kreisebene geschätzt und bis 2035 fortgeschrieben. Die Ergebnisse werden nach der sozioökonomischen Lage der Kreise („German Index of Socioeconomic Deprivation“, GISD) ausgewertet. Als Mobilitätsindikatoren werden der allgemeine Gesundheitszustand, Adipositas und Diabetes verwendet.

Ergebnisse:

In Regionen mit niedriger vs. höherer Deprivation betrug der Anteil von Teilnehmenden, die ihre Gesundheit nicht als gut/sehr gut bezeichnen, 20% vs. 27%, der Anteil von Adipösen 13% vs. 19% und der Anteil von Diabetikern 6% vs. 9%. Künftig weiten sich die Unterschiede aus: beim allgemeinen Gesundheitszustand von 7,5 (2011) auf 8,6%-Punkte (2035), bei Adipositas von 6,4 auf 6,7%-Punkte und bei Diabetikern von 3,5 auf 4,4%-Punkte.

Schlussfolgerungen:

In Regionen mit hoher sozioökonomischer Deprivation waren eine schlechtere subjektive Gesundheit, ein höherer Anteil von Adipösen sowie von Diabetikern im Vergleich zu Regionen mit einem mittleren/niedrigen Deprivationsniveau zu beobachten. Die Extrapolation bis 2035 zeigt, dass die beobachteten Unterschiede sich regional weiter ausweiten könnten. Die Ergebnisse machen darauf aufmerksam, dass die Folgen demographischer Entwicklungen sozial ungleich verteilt sind und dies in der sozial- und gesundheitspolitischen Diskussion stärker berücksichtigt werden sollte.