Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605656
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Subjektiver psychiatrischer/psychotherapeutischer Versorgungsbedarf und Inanspruchnahme bei geflüchteten Frauen in Mainz

U Zier
1   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
,
R Kimbel
1   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

In den Jahren 2015 und 2016 wurden 1,2 Millionen Erstanträge auf Asyl in Deutschland. Etwa jeder dritte Antrag wurde von einer Frau gestellt. Die Integrationsperspektiven und gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten dieser Frauen werden dabei ganz wesentlich vom Gesundheitszustand geprägt. Es gibt kaum empirische Ergebnisse zum subjektivem psychiatrischen/psychotherapeutischem Versorgungsbedarf und der entsprechenden Inanspruchnahme bei geflüchteten Frauen in Deutschland. Diese Daten wurden für geflüchtete Frauen aus Ländern mit hoher Bleiberechtsperspektive im Großraum Mainz erstmalig erfasst.

Methodik:

Muttersprachliche Mitarbeiterinnen luden in allen Gemeinschaftseinrichtungen und Erstaufnahmeeinrichtungen im Raum Mainz Frauen aus den Ländern Afghanistan, Eritrea, Iran, Somalia und Syrien zur Teilnahme an persönlichen Interviews ein. Die Erhebung fand von Oktober 2016 bis Januar 2017 statt. Standardisierte Erhebungsinstrumente wurden verwendet.

Ergebnisse:

93 Frauen wurden befragt. Mehr als jede 2. Frau berichtete psychische, physische oder sexuelle Gewalt erlebt zu haben. 39% der Frauen äußerten psychologische oder ärztliche Hilfe im Umgang mit ihren Erlebnissen zu benötigen. 7 Frauen gaben entsprechende Inanspruchnahme an. 58% der Frauen, die Hilfe wünschen, fallen nicht unter die Leistungsbeschränkung des AsylbLG. Als Hürden der Inanspruchnahme werden vor allem Sprachbarrieren, Probleme einen Termin zu vereinbaren und unklare Finanzierung genannt.

Schlussfolgerungen:

Dem geäußerten Bedarf an Unterstützung steht eine unverhältnismäßig geringe Inanspruchnahme gegenüber. Nicht einmal für jede zweite Frau mit Behandlungswunsch gilt die Leistungsbeschränkung. Hier ist zu beachten, dass besonders Schutzbedürftigen (z.B. Traumatisierten) im Asylverfahren eine notwendige Behandlung zu gewähren ist. Hürden wie unklare Kostenübernahme, fehlende Dolmetscher und Therapieangebote müssen dringend überwunden werden.