Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605694
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfahrungen von immigrierten syrischen Ärzten zu beruflicher Anerkennung und Arbeitsalltag – Ergebnisse einer qualitativen Studie

J Loss
1   Universität Regensburg, Medizinische Soziologie, Regensburg
,
Y Aldoughle
1   Universität Regensburg, Medizinische Soziologie, Regensburg
,
A Sauter
1   Universität Regensburg, Medizinische Soziologie, Regensburg
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Seit 2014 stellt Syrien das Hauptherkunftsland geflüchteter Menschen in Deutschland dar. Für immigrierte Ärzt/innen sollte im deutschen Gesundheitswesen ein hoher Bedarf bestehen, da ärztliche Stellen in vielen Kliniken unbesetzt sind und arabisch sprechende Patienten zunehmen. Es ist nicht bekannt, wie immigrierte syrische Ärzte den Anerkennungsprozess und Berufsalltag erleben, und welche Barrieren sich in den verschiedenen Situationen ergeben.

Methodik:

20 syrische Humanmediziner (m = 17, f = 3, 27 – 44 Jahre, seit 9 – 24 Monaten immigriert) aus 5 Bundesländern nahmen teil. Es wurden leitfadengestützte face-to-face Interviews zu Barrieren und Bedürfnissen bei der Berufsanerkennung und späteren Arbeitssituation exploriert. Die Interviews (23 – 65 min.) wurden auf Arabisch geführt, aufgezeichnet, transkribiert, ins Englische übersetzt und inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse:

Die Regelungen und Entscheidungsprozeduren zur Erlangung von Berufserlaubnis und Approbation wurden als hochgradig intransparent und variabel beschrieben, zudem oft als willkürlich empfunden, was zu Frustration und Verzweiflung bei den Interviewpartnern führte. Die Suche nach einem obligaten Praktikumsplatz machte i.d.R. mehrere Hunderte von E-Mail-Anfragen nötig und gelang oft erst durch Vermittlung deutscher Helfer. Frauen berichten, aufgrund ihres Kopftuchs Vorurteile und Diskriminierung bei der Arbeitssuche erfahren zu haben. 4/20 haben nur eine Stelle in der Psychiatrie bekommen, wo die sprachliche Barriere v.a. initial hoch sei. Die Arbeitserfahrungen in deutschen Kliniken wurden insgesamt positiv erlebt, manche kulturellen Unterschiede (z.B. intensiveres Eingehen auf Patientenbedürfnisse) begrüßt.

Schlussfolgerung:

Die Schaffung einheitlicher Regelungen bzgl. Arbeitserlaubnis und Approbation, klare Ansprechpartner sowie die Schaffung ausgeschriebener Praktikumsstellen für eine schnellere Eingliederung in den Arbeitsmarkt können helfen, die Situation immigrierter Ärzte zu verbessern.