Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605736
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Haben besser verdienende Männer höhere Chancen auf eine Spenderniere? Geschlechter- und Einkommensunterschiede in der Nierentransplantation

J Epping
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
,
J Tetzlaff
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
,
S Geyer
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Von der chronischen Nierenerkrankung bis zur Nierentransplantation durchlaufen Patienten im Zuge der Verschlechterung der Nierenfunktion zwei Stufen: Dialyse und Aufnahme auf die Warteliste. In dieser Studie werden alle drei Übergänge betrachtet: Pfad 1: Chronische Nierenerkrankung bis Dialyse, Pfad 2: Dialyse bis Aufnahme auf die Warteliste und Pfad 3: Warteliste bis Transplantation. Dabei werden Geschlechterunterschiede und soziale Ungleichheiten im Hinblick auf die Übergangsraten zur nächsten Stufe der Nierentherapie analysiert.

Methoden:

Die Datenbasis bilden pseudonymisierte Daten der AOK Niedersachsen (N = 2“900“065 Patienten ab 18 Jahren), die alle operativen Eingriffe wie auch ambulante Diagnosen und ambulante Leistungen enthalten. Cox-Regressionsmodelle wurden verwendet, um die Übergangsraten zwischen den vier Stufen der Nierentherapie für 1) Männer und Frauen und 2) drei Einkommensgruppen zu bestimmen. Dabei wurde für das Alter der Patienten und die wichtigsten Komorbiditäten kontrolliert.

Ergebnisse:

Die Übergangsraten für Frauen im Pfad 1 und Pfad 2 sind niedriger als bei Männern (HR1 = 0,89; 95% CI 0,84 – 0,93 bzw. HR2 = 0,85; 95% CI 0,73 – 0,99). Beim Pfad 3 – Wahrscheinlichkeit, transplantiert zu werden nach Aufnahme auf die Warteliste – gibt es keine Geschlechterunterschiede (HR3 = 0,96; 95% CI 0,81 – 1,15). Das höhere Einkommen hat bei Männern im Pfad 1 einen negativen und im Pfad 2 einen positiven Einfluss auf die Übergangsraten zur nächsten Stufe der Nierentherapie. Bei Frauen sind die Übergangsraten nicht abhängig vom Einkommen.

Schlussfolgerungen:

Geschlechter- und Einkommensunterschiede müssen je nach Stufe der Nierentherapie differenziert betrachtet werden. Soziale Ungleichheiten bei den Übergangsraten im Verlauf der Nierentherapie sind überraschend und müssen vor dem Hintergrund der mit dem Einkommen zusammenhängenden gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen diskutiert werden.