Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605746
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verkehrslärm und Brustkrebs-Risiko: eine Fall-Kontroll-Studie auf der Grundlage von Krankenversicherungsdaten

J Hegewald
1   TU Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden
,
M Schubert
1   TU Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden
,
P Dröge
1   TU Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden
,
E Swart
2   Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie (ISMG), Magdeburg
,
H Zeeb
3   Leibniz -Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS GmbH, Prävention und Evaluation, Bremen
,
A Seidler
1   TU Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Hintergrund:

Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm können die Schlafqualität beeinträchtigen. Eine kurze Schlafdauer und Nachtarbeit können die Risiken für Brustkrebs erhöhen. Ziel dieser Untersuchung war es den Zusammenhang zwischen 24-Stunden-, Tages- oder Nachtverkehrslärm und dem Risiko für Brustkrebs in Abhängigkeit vom Östrogenrezeptor-Status mittels Sekundärdatenanalyse zu untersuchen.

Methoden:

Um die lärmbedingten Risiken von Brustkrebs zu untersuchen, wurden die pseudonymisierten Abrechnungsdaten von drei großen gesetzlichen Krankenkassen (2005 – 2010) für Frauen ab 40 Jahren in der Region rund um den Frankfurter Internationalen Flughafen verwendet. Die Analyse erfolgte adressenspezifisch mit akustischen Daten für Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm. Mittels logistischer Regression wurden die Lärmpegel von Frauen mit inzidentem Brustkrebs (n = 6.643) und der Kontrollpersonen (n = 471.596) untersucht. Dabei wurde für Alter, Bildung und Beruf (wenn verfügbar) sowie den regionalen Anteil von Personen mit langfristiger Arbeitslosenunterstützung als sozioökonomischer Indikator adjustiert. Zudem wurden die Analysen mittels Anti-Östrogen- oder Aromatasehemmer-Verschreibungen (ATC-Code: L02BA, L02BG) nach dem Östrogenrezeptor-Status stratifiziert.

Ergebnisse:

Eine erhöhte Odds Ratio (OR) wurde bei Östrogenrezeptor-negativen Tumoren (n = 1.998) bei 24-Stunden-Fluglärmpegeln zwischen 55 und 59 dB (OR55 – 59dB= 1,40, 95% Konfidenzintervall (KI) 1,04 – 1,90), aber nicht für Östrogenrezeptor-positiven Brustkrebs (OR55 – 59dB= 0,94, 95% KI 0,75 – 1,19; n = 4.645) beobachtet. Eindeutige Assoziationen zwischen Straßen- und Schienenverkehrslärm wurden nicht gefunden.

Schlussfolgerungen:

Die Ergebnisse zeigen, dass Fluglärm ein ätiologischer Faktor für Östrogen-negativer Brustkrebs sein könnte. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um zu verstehen, wie Umweltlärm an der Pathogenese von Östrogen-negativem Brustkrebs beteiligt sein könnte.