Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605772
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Entwicklung der Krebssterblichkeit in Deutschland seit 1995: Welche Bedeutung haben zeitliche Veränderungen der Inzidenz?

J Fiebig
1   Robert Koch-Institut, Zentrum für Krebsregisterdaten, Berlin
,
K Kraywinkel
1   Robert Koch-Institut, Zentrum für Krebsregisterdaten, Berlin
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Trotz erheblicher Behandlungsfortschritte bereits in früheren Jahren, sinkt in Deutschland die Krebssterblichkeit erst seit Anfang der 1990er Jahre. Es soll der Anteil zeitlicher Trends der Krebsinzidenz bei dieser Entwicklung untersucht werden.

Methoden:

Altersstandardisierte Mortalitätsraten der amtlichen Statistik und Inzidenzraten des Zentrums für Krebsregisterdaten für die Jahre 1995 – 2013 wurden genutzt. Der Einfluss zeitlicher Trends von Inzidenz (I) und Überleben auf die Mortalität (M) wurde untersucht, indem die theoretische Entwicklung der Mortalität einerseits bei konstantem Verhältnis von M/I und andererseits bei konstanter Inzidenz simuliert und mit der beobachteten Mortalität verglichen wurde. Berechnet wurde hierzu jeweils die mittlere jährliche prozentuale Änderung (AAPC-Average Annual Percent Change) mit Joinpoint-Regressionsmodellen.

Ergebnisse:

Für Männer ist der größte absolute Rückgang der Krebsmortalität beim Lungenkrebs zu verzeichnen (-21 Fälle/100.000; AAPC: -1,9%). Unter der Annahme eines konstanten Verhältnisses von M/I bzw. konstanter Inzidenz über die Zeit, ergibt sich ein theoretischer Rückgang von durchschnittlich jährlich 1,5% bzw. 0,4%. Dies verdeutlicht einen stärkeren Einfluss des Inzidenztrends. Für Frauen weist Darmkrebs den größten absoluten Rückgang der Mortalität auf (-10 Fälle/100.000; AAPC: -3,1%). Bei konstantem M/I-Verhältnis würde sich ein Rückgang von 0,9% ergeben, bei konstanter Inzidenz ein Rückgang von 2,1%. Hier beeinflussen vor allem Verbesserungen im Überleben den beobachteten Mortalitätstrend.

Schlussfolgerung:

Für einige Krebserkrankungen mit hoher Sterblichkeit wird die Mortalität im Wesentlichen durch die Entwicklung der Inzidenz bestimmt. Für andere spielen Verbesserungen der Überlebenschancen eine größere Rolle. Trotz einiger Limitationen, lässt sich mit dieser Methode die Bedeutung sinkender Krebsinzidenzen und damit auch der langfristige Wert erfolgreicher Primärprävention veranschaulichen.