Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605792
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Risikobewertung anhand des absoluten attributablen Risikos in Kombination mit der Schwere des Effekts am Beispiel des Kniens im Beruf

F Liebers
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Fachgruppe 3.1, Berlin
,
U Latza
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Fachgruppe 3.1, Berlin
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Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt zur Bewertung von Risiken ein komplexes Vorgehen (BfR 2010). Für die Kriterien Schwere, Häufigkeit und Eintrittswahrscheinlichkeit werden Kategorien angegeben. Der US-Standard DoD 2012 – MIL-STD-882E untersetzt die Kategorien der Schwere und der attributablen Häufigkeit semiquantitativ. Darüber werden Risiken als hoch, ernsthaft, mittel, gering und eliminiert eingestuft. Als ernsthaftes Risiko werden schwere Schäden (z.B. Berufskrankheit) bei seltenem Auftreten und andere Schäden (z.B. Arbeitsunfähigkeit) ab häufigem Vorkommen bewertet. Ziel ist, dieses Vorgehen für unterschiedliche Gesundheitsschäden im Knie durch berufliches Knien exemplarisch zu nutzen.

Methodik:

Basis sind Auswertungen zu Fällen der Berufskrankheit BK 2112, ersten Hospitalisationen und Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU) durch Gonarthrose sowie Knieschmerz bei Männern (Liebers et al. 2017, 2015, 2016, 2014). Der absolute attributable Anteil pro 100.000 in kniebelastenden Berufen oder durch Knien wird über die verfügbaren Risikoschätzer (Raten, SMR, HR, Prävalenzratios) grob abgeschätzt.

Ergebnisse:

BK-Bestätigungen sind in exponierten Berufen mit 1 bis 11 Fällen/100.000 selten. Aufgrund der Schwere besteht ein ernsthaftes Risiko. Berufliches Knien verursacht zusätzlich 107 bis 244 Hospitalisationsfälle/100.000 (gelegentlich; ernsthaftes Risiko). In typisch kniebelasten Berufen sind ca. 261 bis 523 AU-Fällen/100.000 zu beobachten (gelegentlich; mittleres Risiko). Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen erhöht die Prävalenz von Knieschmerz um ca. 4 bis 10 Prozentpunkte (wahrscheinlich bis häufig; mittleres Risiko).

Schlussfolgerung:

Das Gesundheitsrisiko durch kniende Tätigkeiten wird unabhängig von der Schwere des adversen Gesundheitseffektes unter Anwendung des o.g. Standards plausibel als schwer bis mittelschwer eingeschätzt. Der Ansatz unterstützt die Bewertung beruflicher Risiken unter Beachtung von Häufigkeit und Schwere.