Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605869
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Solange der Atem reicht – Die Auswirkungen von Ramadan während der Schwangerschaft auf das Auftreten von Keuchatmung im Erwachsenenalter

F Pradella
1   Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie, Mainz
,
R van Ewijk
1   Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie, Mainz
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Das Risiko für das Auftreten von Atemwegserkrankungen bei Erwachsenen wird schon von der Umgebung in utero beeinflusst und bspw. durch maternales Rauchen in der Schwangerschaft erhöht (Martino & Prescott 2011). Lopuhäa et al. (2000) zeigen, dass durch pränatale Exposition zu einer Hungersnot das Risiko für obstruktive Lungenerkrankungen steigt. Wir untersuchen, ob die Exposition zu Ramadan in utero den Eintritt von Keuchatmung im Erwachsenenalter beeinflusst und somit auch weniger extreme Ereignisse in utero die Atemwegsfunktion langfristig beeinträchtigen.

Methoden:

Wir nutzen Daten des Indonesian Family Life Survey (Wellen 1 – 4) und vergleichen Muslime, die in utero einem Ramadan exponiert waren mit nichtexponierten. Da die Mehrzahl der schwangeren Muslimas in Indonesien im Ramadan fasten (Majid, 2015), können wir Exposition über das Geburtsdatum bestimmen. Die Daten zum Gesundheitszustand enthalten Angaben zum Auftreten von Keuchatmung in den letzten vier Wochen vor dem Interview. Wir verwenden logistische Regressionen und kontrollieren für Alter, quadriertes Alter, Geschlecht, Geburtsmonat (Ramadan findet jedes Jahr an unterschiedlichen Daten statt) und Welle.

Ergebnisse:

Keuchatmung tritt bei pränataler Exposition zu Ramadan häufiger auf. Dieser Effekt ist bei Exposition in jedem Trimester zu finden, am deutlichsten in der Altersgruppe 45+ und bei männlichen Muslimen. Die Ergebnisse stimmen mit medizinischen Erkenntnissen zu multiplen Wachstumsphasen der Atemwege in der Schwangerschaft sowie der Theorie der Fetalen Programmierung überein, laut der die Effekte von pränatalen Expositionen oftmals erst im postreproduktiven Alter auftreten.

Schlussfolgerungen:

Die Exposition zu Ramadan in utero erhöht das Risiko für Keuchatmung langfristig. Wir zeigen damit, dass auch mildere Vorkommnisse in der Schwangerschaft die Atemwegsfunktion beeinträchtigen. Diese Untersuchung hilft darüber hinaus schwangeren Muslimas, sich auf ihr Verhalten im Ramadan vorzubereiten.