Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605937
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Zusammenhang von Multimorbidität und Alltagsbeeinträchtigungen im Zeitverlauf – Hinweise auf ein dynamisches Gleichgewicht?

J Tetzlaff
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
,
J Epping
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
,
S Geyer
1   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Fragestellung:

Im Zuge der Bevölkerungsalterung nehmen chronische Erkrankungen und Multimorbidität zu. Gleichzeitig berichten internationale Studien konstante oder gar sinkende Prävalenzen von Alltagsbeeinträchtigungen und Behinderungen. Dies lässt vermuten, dass Multimorbidität zunimmt, sich im Zeitverlauf aber immer weniger einschränkend auf das tägliche Leben auswirkt (These des dynamischen Gleichgewichts). Vor diesem Hintergrund wird untersucht, welche Zeittrends sich hinsichtlich Multimorbidität und Alltagseinschränkungen zeigen und ob sich der Zusammenhang zwischen diesen beiden Gesundheitsindikatoren über die Zeit verringert.

Methoden:

Die Beurteilung der Zeittrends von Multimorbidität und Alltagsbeeinträchtigungen (Activities of Daily Living (ADL), Global Activity Limitation Index (GALI)) erfolgt mittels Prävalenzanalysen und Regressionsmodellen. Mithilfe von Interaktionsmodellen wird geprüft, ob sich der Effekt von Multimorbidität auf das Vorliegen von Beeinträchtigungen im Alltag verringert hat. Die Basis bilden Befragungsdaten des „Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe“ (SHARE) der Jahre 2004 und 2013 aus Deutschland.

Ergebnisse:

Es zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Multimorbidität. Eine Zunahme der Alltagsbeeinträchtigungen findet sich lediglich bei Analyse der ADLs unter den Männern, jedoch nicht unter den Frauen oder bei Betrachtung des GALIs. Eine signifikante Veränderung des Zusammenhangs zwischen Multimorbidität und Alltagsbeeinträchtigungen konnte jedoch nicht gefunden werden.

Schlussfolgerungen:

Die Analysen zeigen, dass Alltagbeeinträchtigungen nicht im gleichen Maße zugenommen haben wie Multimorbidität. Dennoch gibt es keinen eindeutigen Beleg dafür, dass Multimorbidität im Zeitverlauf seltener mit Beeinträchtigungen zusammenhängt. Deutliche Hinweise auf ein dynamisches Gleichgewicht zeigen sich auf Basis der vorliegenden Analysen nicht.