Gesundheitswesen 2018; 80(04): 379
DOI: 10.1055/s-0038-1639196
VORTRÄGE
Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

PFOA und PFOS – Humanbiomonitoring und aktuelle umweltmedizinische Bewertung bei besonders belasteten Kollektiven der Allgemeinbevölkerung in NRW

J Hölzer
1   Ruhr-Universität Bochum Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin, Bochum, Germany
,
H Lilienthal
1   Ruhr-Universität Bochum Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin, Bochum, Germany
,
M Schümann
1   Ruhr-Universität Bochum Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin, Bochum, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. April 2018 (online)

 

PFOA (Perfluoroktansäure, CAS No: 335 – 67 – 1) und PFOS (Perfluoroktansulfonsäure, CAS No. 1763 – 23 – 1) sind persistente fluororganische Verbindungen ohne natürliche Quelle, die heute weltweit in menschlichen Blutproben nachweisbar sind, überwiegend im ein- bis zweistelligen Nanogramm/Milliliter (ng/ml)-Bereich. In Humanbiomonitoring-Studien ist die weltweite, regional unterschiedlich ausgeprägte Exposition des Menschen belegt. In einigen Gebieten Deutschlands führte die Belastung des Trinkwassers mit perfluorierten Verbindung zu erhöhten inneren Belastungen bei der Bevölkerung. Die Humanbiomonitoring-Kommission des Umweltbundesamtes leitete unlängst HBM-I-Werte in der Höhe von 2 ng PFOA/ml und 5 ng PFOS/ml ab.

Auf der Basis einer ausführlichen Literaturrecherche wurden die Publikationen über tierexperimentelle und humanepidemiologische Studien zur PFOA und PFOS im Hinblick auf mögliche gesundheitlich relevante Effekte untersucht, dargestellt und bewertet. Der Vorsorge-orientierte HBM-I-Wert kennzeichnet die Konzentration eines Stoffes in einem Körpermedium, bei deren Unterschreitung nach dem aktuellen Stand der Bewertung durch die Kommission nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist und sich somit kein Handlungsbedarf ergibt.

Nach Auswertung der humanepidemiologischen Studien werden Effekte in folgenden Bereichen als gut belegt, relevant und statistisch signifikant mit einer PFOA- und/oder PFOS-Exposition assoziiert bewertet: Verminderte Fertilität, Schwangerschaftsgestose, Minderung der Neugeborenen-Geburtsgewichte, Lipid- und Harnsäure-Stoffwechsel, Immunität nach Impfung, immunologische und hormonelle Entwicklung, Schilddrüsenstoffwechsel. Aus neueren tierexperimentellen Untersuchungen werden Effekte in niedrigen Dosisbereichen als bei früheren Studien berichtet. Die aktuell abgeleiteten HBM-I-Werte liegen unterhalb der Referenzwerte für PFOA (10 ng/ml) bzw PFOS (10 (Kinder), 20 (Frauen), 25 (Männer) ng/ml), die 2009 veröffentlicht wurden. Die Wirkmechanismen der beobachteten Assoziationen sind bislang unzureichend geklärt.

Die Literaturstudie wurde durch das Umweltbundesamt, Berlin, gefördert.